Kommentar Kritik am Bundespräsidenten: Vage Vorwürfe

Es ist neu, dass ein Bundespräsident ständiger Kritik ausgesetzt ist. Dabei werden Christian Wulff viele vage Sachen vorgeworfen anstatt ihn an seinen Versprechen zu messen.

Seit Christian Wulff Bundespräsident geworden ist, steht er unter medialem Beschuss. Das ist ungewöhnlich, weil Medien den Bundespräsidenten meist schonend behandeln, eine Art Nachhall des aristokratischen Erbes des Amtes.

Doch bei der schwarz-gelben Regierung gilt nicht, was sonst immer galt. Jeder Außenminister erfreute sich bislang größter Beliebtheit bei den Wählern, bis Guido Westerwelle kam. Bei Wulff ist es so ähnlich, aber anders. Denn Westerwelle hat diesen Imageschaden selbst tatkräftig herbeigeführt, bei Wulff ist es komplizierter.

Das trübe mediale Bild des Präsidenten mag daran liegen, dass viele Zeitungen lieber Joachim Gauck wollten, der als wahrer Bürgerpräsident inszeniert wurde. Die Vorwürfe, die nun gegen Wulff erhoben werden, gilt es jedenfalls genau zu betrachten.

Dass er als Erstes in der Villa eines Unternehmerfreundes Urlaub machte, ließ Näheverhältnisse vermuten, die nicht zum Amt passen. Das war ungeschickt, mehr aber auch nicht. Zu Sarrazin hat Wulff bemerkt, dass die Bundesbank "einiges tun kann", um das Problem zu lösen. So what? Das war kein Befehl an den Bundesbankvorstand, Sarrazin zu feuern. Wulff hat sich nichts angemaßt, was ihm nicht zusteht, sondern versucht den Fall Sarrazin ohne langwierigen juristischen Streit zu lösen. Soll man daraus einem Bundespräsidenten ernsthaft einen Vorwurf machen?

Ziemlich vage sind, zumindest bislang, auch die Verdächtigungen im Fall Wolfsburg. Dort hat, so der Vorwurf, die lokale CDU offenbar dreist öffentliches Geld für eigene Zwecke missbraucht. Harte Indizien, dass der damalige CDU-Chef in Niedersachsen, Wulff, davon wusste, gibt es nicht. Es handelt sich wohl auch nicht um ein System, wie bei Jürgen Rüttgers, sondern eher um einen Einzelfall.

Wulff hat im Juli versprochen, sich vor allem um Migration und Integration zu kümmern. Das fehlt bis jetzt. Das muss er ändern. Daran sollte man ihn messen.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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