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M. Durm ist ein sehr guter Journalist; ich mag seine Stimme und seine Art.
Ich wundere mich aber schon, dass er nach Syrien nach Aleppo gefahren war. Ist es da schon so sicher, das ein so erfahrender Reporter meint, dahin fahren zu können?
Und die Syrienberichterstattung ist ein einziger Skandal. Das war schon zur Zeit des Jugoslawien-Krieges aber nicht anders. Über Sarajevo wurde kaum berichtet und zur selben Zeit feierte man Karneval. Perverse Mediengesellschaft, halt.
Heute morgen wieder einen Bericht aus Aleppo gehört. Assad feuert Raketen auf die eigene Bevölkerung. Bericht über einen Mann, der seinen Sohn retten konnte, Frau und 5/6 Kinder unter den Trümmern. Lauter solche Sachen und ARD/ZDF spielen derweil ungerührt Wetten das und die Aufschreitanten twittern empört, weil sie niemand mehr mag; Frau Himmelreich schreibt an einem neuen Buch, zusammen mit Marina. Das ist schon eine miese Welt,
Pervers ist eigentlich wie der Westen im Stellvertreterkrieg mit Al-Kaida gemeinsame Sache macht. Und unsere Presse sich im vorauseilenden Gehorsam selbst gleichgeschaltet hat (Pro FSA/Nusra). Auch Pervers das über die zahlosen Morde und Entführungen von syrischen Journalisten durch die verbündeten des Westens kein Wort hier in der Presse zu finden ist.
Keine Schlagzeile über immer mehr Videos mit Kindersoldaten in den reihen der Freischärler, auch keine Berichte über die interessanten Intenetauftritte der FSA/Nusra, in denen detailierte Folter, Kastrations und Enthauptungsvideos zu finden sind.
Wo sind die Hintergrundsberichte über die Waffenlieferanten, Lieferrouten und Empfänger, wieso hat die Nusra die neuen Waffen, welche angeblich nur an die Demokraten unter den Rebellen geliefert wurden. Warum nur beschönigende Artikel über die einführung der Scharia, inklusieve Auspeitschen weil jemand unverheitratet mit seiner Freundin die Straße entlanglief?
Und falls ihr in der Redaktion von alle dem nichts gewusst habt läuft wohl einiges falsch, normalerweise ist es euer Job über so etwas zu berichten.
Hallo Karim
wie immer, wenn ein Bericht von dir ansteht, geht meine Interessenkurve nach oben.
Diesmal aber wird in sieben Absätzen eine einzige Botschaft ausgebreitet, was dazu führt, daß der Leser nur eines lernt: In Syrien wird zwar geschossen, aber ansonsten gibt es aus dem Land nichts zu berichten.
Wie wäre es, wenn heute noch ein schonungsloser Bericht über die harten Fakten und Hintergründe des Syrischen Blutbads erschiene? So richtig mit dem Benennen von Roß & Reiter. Und morgen noch zwei?
Was nicht passieren wird. In der Region passiert täglich sehr viel, was in der taz einfach nicht aufgenommen wird, nicht vorkommt. Würde jefraund nur taz lesen, hätte sie keine Ahnung, was in der Region wirklich passiert. Noch weniger, weshalb.
Stattdessen immer nur Frau Knaul, mit ihrer streng 'gemäßigt und ambitionierten' Sichtweise auf das zu überwindende Israel.
Leider kommt es darauf an, welche Journalisten es erwischt. Wer von den Rebellen entführt oder ermordet wird, (z.B. Frau Kotschneva - haben sie hier nichts von gelesen) der hat keine Zeit/ Platz in den Medien zu erwarten. Und wer bei den Rebellen embedded berichtet, wird sowieso "seine" Geschichte erzählen dürfen.
Für viele Aktivist:innen in den USA ist Deutschland ein Beispiel dafür, wie Klimaschutz scheitern kann. Das prägt auch internationale Politik.
Kommentar Kriegsberichterstattung: Blutige Medienmaschine
Jetzt, da ein deutscher Auslandsreporter im dortigen Einsatz schwer verletzt wurde, bekommt Syrien wieder Sendezeit. Ansonsten gerät der Konflikt in Vergessenheit.
Syrien macht dieser Tage in Deutschland Schlagzeilen. Weniger das Land selbst und der Krieg, als die Tatsache, dass ein deutscher Auslandsreporter im dortigen Einsatz schwer verletzt wurde. Die Respektbezeugungen und Genesungswünsche für meinen einstigen Kairoer Fernsehkollegen und ARD-Reporter Jörg Armbruster, dessen Unterarm von einer Scharfschützenkugel zersplittert wurde, überhäufen sich – zu Recht.
Und mein ehemaliger ARD-Rundfunkkollege aus Kairo, Martin Durm, der mit ihm im Auto saß, kommt nun ausführlich in den Medien zu Wort. Er darf sogar bei Frank Elstner als einer der „Menschen der Woche“ über seine Erfahrungen sprechen. Durm macht das sehr nachdenklich und weist immer wieder darauf hin, dass „uns das passiert ist, was Syrern jeden Tag passiert“. Besser könnte er die gesteigerte Medienaufmerksamkeit nicht für Syrien nutzen.
Der Platz, der den Kollegen nun in den Medien gewährt wird, kommt frei nach dem Motto: Richtig zum Zug kommt die Auslandsberichterstattung nur, wenn der Berichterstatter verletzt oder getötet wurde.
Das ist vielleicht die ultimative Perversion der Medienmaschine. Wie alle Kollegen, die frei oder fest als Korrespondenten arbeiten, hatten auch Armbruster und Durm in ihrer Zeit als Korrespondenten in Kairo immer wieder Probleme, ihre hart erarbeiteten Geschichten zu platzieren. „Ach, wieso denn schon wieder der Irak“ oder „das unübersichtliche Syrien, das will keiner mehr hören oder sehen“, wären einige klassische Redaktionsantworten. So starben die Iraker nach dem Abzug der US-Truppen einen langsamen Medientod und der syrische Konflikt wird auch in Vergessenheit geraten, je länger er dauern wird.
Jetzt, wo der Korrespondent verletzt wurde, bekommt Syrien aber noch einmal schier endlose Sendezeit, bevor die Medienkarawane weiterzieht. Noch am Tag zuvor hatte der gleiche Berichterstatter wahrscheinlich um mehr als eineinhalb Minuten im Fernsehen gebettelt. Durm durfte jetzt revolutionäre vier Minuten in den Tagesthemen reden, untermalt mit Bildern aus Syrien.
So lange hätte man ihm sicherlich nicht zur besten Sendezeit gegeben, wäre das ARD-Team unversehrt aus Aleppo zurückgekehrt, auch wenn der eloquente Durm die Zuschauer ebenso mit den Geschichten des syrischen Kriegsalltags in den Bann hätte ziehen können.
Wenn die Berichterstatter umkommen, wie seinerzeit die Sunday-Times-Reporterin Marie Colvin in Homs, dann sind ihnen die Helden- und Heroinnen-Nachrufe gewiss. Die Geschichte, die sie eigentlich präsentieren wollten, können sie dann leider nicht mehr erzählen.
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Kommentar von
Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
Kommentar von
Karim El-Gawhary
Autor*in
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