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Kommentar KopfpauschaleTime to say goodbye

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Der Streit mit der CSU um die Kopfpauschale zeigt: Die FDP ist in ihrer einstigen Wunschkoalition vollends isoliert. Jetzt hilft nur noch die Generalüberholung: in der Opposition.

Philipp Rösler mag sich derzeit fragen: Wann fing die Sache mit der Kopfpauschale an, schiefzugehen? Populär ist das Konzept, die Kassenbeiträge vom Einkommen zu entkoppeln, zwar nie gewesen; aber mittlerweile mühen sich CDU und CSU nicht einmal mehr, ihre Abneigung gegen das letzte Großprojekt ihres Koalitionspartners zu verbergen. Die FDP ist isoliert. Nichts geht mehr. Jetzt müsste nicht nur Rösler zurücktreten, der sein politisches Schicksal an die Einführung der Kopfpauschale geknüpft hat. Wäre die FDP konsequent, müsste sie die Koalition aufkündigen.

Die Kopfpauschale, von der CSU brüsk abgelehnt und von der CDU wie so vieles beschwiegen, wird nicht kommen. Sie war das letzte Großvorhaben der FDP in dieser Legislatur. Nun geht sie den Weg von Steuersenkungen und Steuerreform. Verantwortlich hierfür ist nicht allein die Hartleibigkeit der Unionsparteien - die unterschrieben ja diese Pläne noch vor einem Dreivierteljahr im Koalitionsvertrag. CDU und CSU haben schlicht früher erkannt, was in den kommenden Jahren umsetzbar ist und was nicht. Nun muss auch die FDP die volle Tragweite dessen begreifen, was der massive Widerstand gegen ihr Kompromissangebot einer Kopfpauschale bedeutet: Nichts von dem, wofür sie gewählt worden ist, passt noch in die stürmischen Zeiten.

Bild: taz

Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.

Deshalb steht die FDP vor einer unliebsamen Alternative: Sie kann weiterregieren und gleichsam versuchen, in voller Fahrt nach links einzuschwenken und zugleich ihren Fahrer Guido Westerwelle auszuwechseln. Oder die Partei sieht ein, dass sie das Rennen nicht mehr durchhalten kann, weil Motor und Fahrer nicht für die holprige Strecke taugen. Es ist Zeit für eine Generalüberholung der FDP - in der Opposition.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

3 Kommentare

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  • HS
    Herr Saliekier

    Wer hat diesen Unsinn -Kopfpauschale- verhindert?

     

    Es waren die aufrechten Bayern um Seehofer.

     

    Die SPD oder die Grünen hätten in einer Koalition mit der FDP die Kopfpauschale m.E. nicht verhindert. Die SPD ist m.E. eine FDP mit roten Lack und die Grünen nicken -so denke ich- eh alles ab. Nach ihrer Regierungszeit werden Grüne für gewöhnlich Cheflobbyisten. Grüne seien ja schon immer Unternehmer gewesen - auch wenn es nur ein Antiquariat gewesen sei.

     

    Für Bayern! Für Seehofer!

  • T
    Träumer

    Mann wär dat schön, die FDP ist einmal konsequent und kündigt dei Koalition auf. Sie hat absolut nichts durchgesetzt und bremst nur die Handlungsfähigkeit der Regierung.

    Und die SPD ist doch sowieso schon "stiller Teilhaber"der Regierung, weil die grossen Krisenthemen im Konsens im Bundestag durchgehen.

    Aber wie wir die FDP kennen klebt sie lieber an Macht und Posten....wär halt zu schön

  • U
    Ulcera

    Rösler versucht nicht nur die Kopfpauschale durchzupeitschen. Die Bedenken der BürgerInnen gegen die zentrale Datenbank, die mit der Datenkrake "elektronische Gesundheitskarte" kommt, ignoriert er genauso. Rösler diktiert.

     

    Apropos Kopfpauschale: Während Röslers Versuch zumindest - noch - einen Bezug zu den Versicherten hat, wird die von den Ministerpräsidenten der Länder propagierte Haushaltsabgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk keinerlei Bezug zum eigentlichen Rundfunkhören haben. Hier müssen wir alle in ein Moloch zahlen, egal ob wir die Dienstleistung in Anspruch nehmen oder nicht.

     

    Irgendwie erinnern mich diese Finanzierungsmodelle an Krebs.