Kommentar Koalitionsoptionen: Mehr Farbenspiele wagen
Der Drops scheint gelutscht: Angela Merkel bleibt nach der Wahl Kanzlerin. Doch da ginge noch was, wenn sich die Parteien nicht gegenseitig blockierten.
E s ist noch gut einen Monat hin bis zur Bundestagswahl am 22. September. Und dennoch herrscht landauf, landab die Auffassung, das Ding sei längst gelaufen. Zumindest aus Sicht der links denkenden Wählerschaft: Die CDU wird weit vorn landen, Angela Merkel bleibt Kanzlerin. Die einzige offene Frage ist: Regiert sie wie zuletzt mit der FDP? Oder wie davor mit der SPD?
Langweiliger, ja deprimierender könnten die Aussichten nicht sein. Dabei wäre eine andere Regierung durchaus machbar. Zwar bekommt die CDU in Umfragen derzeit mehr Stimmen als SPD und Grüne zusammen. Aber das muss ja nicht so bleiben. Und das ist keinesfalls nur das Wunschdenken der Hintenliegenden.
Auch 2009 landete die Union zwei bis drei Prozentpunkte unter den Werten, die ihr einen Monat vor der Wahl vorausgesagt wurden. Davon profitierte übrigens vor allem die Linkspartei, die in gleichem Maße zulegte. Bei der vorletzten Wahl im Jahr 2005 waren die Änderungen noch dramatischer. Da sackte die Union in den letzten Wochen um satte sieben Prozentpunkte ab. Die SPD machte hingegen im Schlussspurt rund fünf Punkte gut.
Man muss kein Mathematiker sein, um zu erkennen: Da geht noch was! Genauer gesagt: Da ginge noch was, wenn Rot-Grün nicht die einzige angebotene Alternative zur bestehenden Regierung wäre. Doch leider blockieren sich die Parteien mit ihrer Ausschließerei selbst. Die SPD: Nie mit der Linken! Die FDP: Nie mit Rot-Grün! Die Grünen: Bloß nicht mit der CDU! Und alle: Mit den Piraten, ja seid ihr denn verrückt?
Sie machen das teils, weil sie tatsächlich so ticken. Vor allem aber, weil ihre Wähler das einfordern. Und die sollen ja wissen, was sie bekommen, bevor sie ihr Kreuzchen machen. Das ist prinzipiell nicht falsch. In diesem Wahlkampf aber fatal.
Die Ausweitung der Farbenspiele ist daher längst überfällig. Rot-Rot-Grün oder Schwarz-Grün als Optionen haben jüngst Daniel Cohn-Bendit und Claus Leggewie im Spiegel gefordert. Piraten-Chef Bernd Schlömer bringt eine Tolerierung von Rot-Grün ins Spiel. Man muss nicht alle diese Gedankenspiele für realistisch halten.
Aber sie zeigen: Da ginge tatsächlich noch was. Natürlich verliert der Wähler bei solch offenen Farbenspielen die Gewissheit, welche Regierung er am Ende unterstützt. Ein Kreuz bei den Grünen könnte am Ende die Merkel unterstützen, eins bei der Linken den Steinbrück. Aber ohne diese Offenheit ist sicher: Angela Merkel bleibt im Amt. So oder so.
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