Kommentar Koalition ohne Olaf Scholz: Keine Aufbruchstimmung
Trotz des neuen Bürgermeisters Peter Tschentscher gibt es in Hamburg keine neue Energie. Der Neue kann zumindest das Wort Klimaschutz aussprechen.
A ufbruchstimmung in der Hamburger Politik gibt es nicht, nicht in der SPD und schon gar nicht in der rot-grünen Koalition. Die Roten hoffen lediglich, dass es ohne den langjährigen Dominator Olaf Scholz irgendwie ohne große Unfälle weitergehen möge; die Grünen hoffen darauf, künftig ein bisschen mehr Beinfreiheit zu haben. Und gemeinsam schielen sie schon auf die Bürgerschaftswahl in zwei Jahren: Wenn das man gut geht, ist ihre gemeinsame Hoffnung.
Die neue Landesvorsitzende Melanie Leonhardt ist eine Frau mit hohem Potenzial, aber an Statur muss sie noch deutlich zulegen. Sie wird im Amt, mit dem Amt wachsen müssen, wenn sie machtgierige Kreisfürsten in Schach halten will. Die SPD, noch 2009 eine Partei der Blutfehden, war neun Jahre so friedlich, weil es niemand mit Olaf Scholz aufnehmen konnte. Diese beschaulichen Zeiten könnten bald vorbei sein.
Der designierte Bürgermeister Peter Tschentscher ist ein nüchterner und akribischer Mann, der seit seinem Wirken in rot-grünen Koalitionen im Bezirk Nord Grünen als fairer und verlässlicher Partner gilt. Das wird er auch als Regierungschef sein, aber er wird auch ganz klar Chef sein. Bei der nächsten Wahl kämpft jeder Regierungspartner wieder für sich allein, und dazu brauchen beide ein erkennbares Profil.
Freiräume, von denen Grüne in der Ära nach Olaf Scholz träumen, werden nicht gewährt, die muss man sich erkämpfen. Scholz hatte die Koalition als „grünen Anbau“ bezeichnet, Tschentscher immerhin kann, anders als sein Vorgänger, die Begriffe „Ökologie“ und „Klimaschutz“ fehlerfrei aussprechen. Die Umsetzung dieser (und einiger anderer) grüner Ziele, an der es bislang mitunter arg haperte, bemisst sich freilich nicht an Worten, sondern an Taten.
Deshalb wird es in der Hamburger SPD und in der rot-grünen Koalition demnächst auf jeden Fall lebhafter werden, wahrscheinlich strittiger und vielleicht auch mal so richtig unfreundlich. Das wurde auch Zeit.
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