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Kommentar Koalition in NRWEs wird etwas Großes

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Egal, wie hoffnungsvoll die Rot-Grünen in ihre Regierungsphase in NRW eintreten: Eine Vorlage für einen rot-grünen Wahlkampf im Bund 2013 sollte man darin nicht sehen.

W ar das etwa ein Zähneknirschen, das da hindurchklang, als Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann ihren rot-grünen Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen vorstellten? Natürlich war die Rede von einem „guten Ergebnis“ (Kraft, SPD) und „fairen Kompromissen“ (Löhrmann, Grüne). Doch hat die Einigung, wie das größte Bundesland regiert werden soll, bereits jetzt wesentlich harschere Betriebsgeräusche verursacht als die „Koalition der Einladung“, das freundlich-tastende Minderheitskonstrukt von 2010.

Immerhin aber versucht Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen mit dem Koalitionsvertrag etwas Neues. Die „Präventionsrendite“ werden nicht nur böse Zungen als klassische Luftbuchung bezeichnen: Wie genau berechnen die Finanzer wohl das Plus, das entsteht, wenn jungen Leuten ordentliche Schulbildung zukommt und sie deshalb nicht kriminell werden? Andererseits ist die Idee nur folgerichtig. Eine Regierung, die Bildung – zu Recht – als Investition versteht, soll sich auch eine Rendite daraus gutschreiben.

Im Zeichen der Schuldenbremse war von Rot-Grün in NRW kaum mehr zu erwarten als ein Sparpaket, garniert mit Energiewende und Zugeständnissen an die Kommunen. Bei SPD wie Grünen werden nun viele im nordrhein-westfälischen Modell eine Vorlage für einen rot-grünen Wahlkampf im Bund 2013 erkennen wollen.

Bild: privat
ULRIKE WINKELMANN

ist Leiterin des taz-Inlandsressorts.

Doch ist es ganz egal, wie hoffnungsvoll in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein die Rot-Grünen in neue Regierungsphasen eintreten; wer sich das Schauspiel um den Fiskalpakt anschaut, das Regierung und SPD mit den Grünen als teilnehmenden Zuschauern gerade in Berlin bieten, ahnt: Hier wird gerade an der Grundlage für die nächste große Koalition gebastelt.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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1 Kommentar

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  • D
    Detlev

    Wenn die SPD 2013 eine große Koalition anvisiert, muss sie mit harter Bestrafung und stark nachlassender Attraktivität rechnen.

     

    Eine große Koalition ist eine legale Diktatur, das Ende des Parlaments als Ort der Debatte. Solche Koalitionen sind per se schlecht und erzeugen immer hohe Folgekosten, weil nichts entschieden, aber alles aufgeschoben wird. Wenn die SPD diesen Weg sucht, dann entblöst sie sich. Selbst eine windelweiche und schlechte Koalition mit den Grünen wäre politisch verkraftbarer als diese Konstellation, zumal alleine das Klima der großen Koalition im Vorwahlkampf ein Frustklima schaffen könnte, bei dem am Ende 10 Prozent für die Piraten möglich werden. Es ist genau diese Atmosphäre, die für die Piraten ideal ist. Ihre Inhalte und Personen werden sowieso nicht hinterfragt und diskutiert.

     

    Der SPD ist jeder M..t zuzutrauen, insofern sollte jeder damit rechnen, dass die Partei diese Option still und heimlich ins Werk setzt.

     

    Immerhin könnten die Agenda-2010-Akteure sich damit aus der Schusslinie und sogar in Ministersessel flätzen, sie müssten sich nicht selber auf Parteitagen bis aufs Blut bekämpfen und sie müssten nicht offen austragen, wer nun das Alpha-Tierchen ist und wer nicht.