Kommentar Klage gegen Facebook: Mehr Mut zum Umbequemen
Ein einzelner Nutzer kann Facebook in die Bredouille bringen. Was könnte erst ein Staat, Deutschland zum Beispiel, tun.
N atürlich ist Facebook nur ein Teil. Ein Akteur in einem System, in dem Unternehmen grenzenlos Daten sammeln, die Nutzer willig dazu beitragen und Geheimdienste sich dankbar an diesem Schatz bedienen.
Doch wenn nun der Europäische Gerichtshof darüber verhandelt, ob die Sammelei der Daten, deren Speicherung in den USA und der Zugriff der dortigen Geheimdienste so in Ordnung geht, ist Facebook mehr: Es steht exemplarisch für dieses System.
Zwei Dinge macht der Fall deutlich. Erstens sind Verbraucher keineswegs so machtlos, wie gerne angenommen. Auch der jetzige Kläger vor dem EuGH, der Jurist Max Schrems, hatte zunächst klein angefangen und einfach mal bei Facebook die zu ihm gespeicherten Daten angefordert – und 1.200 Seiten bekommen. Das kann jeder Nutzer – übrigens auch bei anderen Unternehmen – nachmachen, auch dann, wenn er für Klagen weder Geld noch Zeit noch Nerven hat oder investieren will. Es zeigt den Unternehmen zumindest, dass ihre Kunden nicht alles mit sich machen lassen.
Zweitens: Wenn schon ein einzelner Nutzer so viel bewegen kann – was könnten dann erst Regierungen reißen? Gesetzgeber, die sich nicht vor vermeintlich übermächtigen Konzernen und der US-Regierung wegducken, sondern den Mut hätten, sich klar für den Verbraucher, den Bürger und dessen Rechte zu positionieren?
Die Bundesregierung jedenfalls hat da noch einen ziemlich langen Weg vor sich. Das Bundesinnenministerium hat eine deutsche Stellungnahme im Facebook-Verfahren blockiert – wie so vieles andere, das den Datenschutz fördern oder zumindest zeigen könnte, dass Datenschutz und Privatsphäre wichtige Themen sind. Etwas so Zentrales, dass man sich selbst darum kümmert. Und unbequeme Entscheidungen nicht einfach der Justiz überlässt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei