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Kommentar KirchengehälterEin Vaterunser macht nicht satt

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Debatte um einen Mindestlohn geht auch an kirchlichen Einrichtungen nicht vorbei. Da mögen sich die Kirchen sträuben, wie sie wollen.

Im Sozialkaufhaus der Caritas: Wie viel ist die Arbeit der Beschäftigten hier wert? Bild: dpa

W ie viel ist christliche Nächstenliebe wert? 7 Euro? 8,50 Euro? 9 Euro?

Die Debatten um einen menschenwürdigen Mindestlohn gehen auch an den Kirchen und ihren Wohlfahrtseinrichtungen nicht vorbei. Der Präsident der katholischen Caritas mischt da kräftig mit – mit einem überraschenden Verhandlungsangbot: Keinen Einheitslohn, bitte! Und auch keine Gleichsetzung von Ost und West. Schließlich sind die Mieten in München um ein Vielfaches teuer als in Greifswald.

Das ist zwar richtig. Aber einen Diskurs um ein wichtiges gesellschaftliches Thema zu reduzieren auf noch immer bestehende regionale Unterschiede beim Lebensstandard, mutet zum einen ziemlich unchristlich an.

Darüber hinaus lenkt der Vorschlag von einem anderen, dem eigentlichen Problem ab: die Transparenz der kirchlichen Finanzen. Die gibt es vielfach nämlich nicht. Bis auf die Betroffenen, die in der Regel nicht darüber reden dürfen, und ihre unmittelbaren Vorgesetzten weiß niemand so genau, wie viel eine Caritas-Krankenschwester verdient und wie viel ein Altenpfleger in der Diakonie. Manchmal outen sich die ChristInnen dann doch, meist, wenn sie sich wieder mal geärgert haben. Strikt anonym natürlich.

Nun müssen auch katholische und evangelische Krankenhäuser, Pflegestationen und Kindergärten rechnen: Sie müssen für Strom und für die Heizung im Winter sorgen und dafür, dass die Müllabfuhr und der Schornsteinfeger bezahlt werden. Ganz weltliche Sorgen. Weltliche Sorgen haben aber auch viele Bedienstete der kirchlichen Einrichtungen, wenn sie auf ihren Gehaltszettel schauen. Von einem Vaterunser werden auch Christen nicht satt.

Wenn die Kirchen endlich vollständig ihre Finanzen offen legen würden, gerieten selbst fragwürdige Vorschläge wie der zum Mindestlohn nicht so leicht in eine Schieflage.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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5 Kommentare

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  • Auch trotz unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten - was nicht mit Lebensstandard zu tun hat - ist ein allgemein verbindlicher Mindestlohn sinnvoll. Denn erst so wird für junge Leute eine Möglichkeit geschaffen, so etwas wie eine längerfristige Lebens- und Zukunftsplanung auf die Beine zu stellen. Es gibt ja auch noch zusätzlich die Möglichkeit, ungleiche Lebenshaltungskosten auszugleichen mit Zulagen, wie sie ganz selbstverständlich im öffentlichen Dienst üblich sind.

  • Na, da haben wir aber ordentlich auf die Helfersyndrom-Drüse gedrückt, was Frau Schmollak?!

    -Ich bin auch für den staatlichen Mindestlohn

    -Obwohl das Vaterunser durchaus satt machen kann ;)

  • SH
    S Häubchen

    Man muss immer bedenken: man spricht über eine Institution mit bald 2000 jähriger Geschichte. Untersucht man diese 2000 Jahre, kann man sich die Frage stellen, ob es der Kirche, bzw. den Kirchen eigentlich tatsächlich um Gott oder um den Satan geht. Man kann sich fragen, falls es Satan nicht gibt, ob es der Kirche eher darum geht den Satan dann eben selbst auf die Erde zu bringen oder vielleicht auch den strafenden Gott. Auch der Ritus der Eucharistie spricht hierfür: das Blut des "Meisters" Jesu wird getrunken und sein Leib verspeist, zwar symbolisch, aber laut Lithurgie ist ja Jesus leibhaftig anwesend. Und es gibt viele Beispiele, selbst in der von der Kirche gefälschten Bibel, dass die Kirche das Gegenteil von dem macht was da drin steht. So meinen die Propheten allesamt z.B., dass es Vermittler zwischen Gottund Mensch=Priester gar nicht geben muss, oder dass die "Bösen" purpur und violett tragen. In Bezug auf Staaten waren die Kirchen immer Blutsauger. Die jeweiligen weltlichen Herrscher, heute Regierungen, sind für sie nur Spielzeuge. Stets die 2000jährige-Institution meiner Meinung nach auf der Lauer wieder einen "Gottesstaat" mit samt Scheiterhaufen und Menschenschinderei errichten zu können. Ein Kirchenmensch der oben ist, denkt doch in langen Zeiträumen und betrachtet die Schäfchen unter seiner Haube.

    • WF
      Was für ein Gott
      @S Häubchen:

      Da stimme ich zu.

      Wie sagt Jesus so schön zu den Priestern?: "Ihr Heuchler! Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich. Ihr selbst geht nicht hinein; aber ihr lasst auch die nicht hinein, die hineingehen wollen." (Mt 23,13)

      Oder: "Ihr aber sollt euch nicht Rabbi (Priester) nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen (Anm.:Papst von papa=Vater); denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen (Anm.: warum gibts dann Religionsunterricht?); denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. (Mt 23,2-10). Hieraus folgt: jeder kann es sich selbst beibringen, Priester unnötig, Theologen, Reli-Lehrer unnötig, Papst unnötig, heißt Kirche=unnötig und nicht gewollt von Jesus selbst. Mr. Ratzinger meint doch immer, die Bibel sei Gotteswort. Na denn Kirche, haltet euch dran und schafft euch ab, Jesus wollte euch bereits abschaffen!!!

      Wobei Ratzinger, war ja Obmann der Glaubenskongregation=Nachfolgebehörde der Inquisitionsbehörde - sollte nicht mehr so heißen, nach dem ganze Dörfer auf Scheiterhaufen lebendig verbrannt wurden. Was das für ein Gott ist, dem die Kirche frönt?

  • UD
    Und das bleibt so

    Meines Wissens bezahlt der Staat die Gehälter und Einrichtungen der Kirchen, wie z.B. Kindergärten, Schulen, oder auch Krankenhäuser. Der Staat macht scheinbar mit, weil das für ihn noch ein gutes Geschäft ist, da die Kirchen ordentlich die Löhne drücken und es so dem Staat billiger kommt als in freier Trägerschaft. Die Kirchen sind glücklich, weil sie so tun können, als würden sie den Menschen etwas Gutes tun, schließlich denkt der Ottonormalverbraucher ja, die Kirchen würden für all die Kosten aufkommen. So sind also Vater Staat und die Kirchen glücklich. Eine "christliche" Regierung fördert diese Umtriebe natürlich. Natürlich ist der Trick dabei auch, die Menschen an die Kirchen zu binden und diese zu zwingen, nicht aus der Kirche auszutreten, da ja, auch wenn der Staat der Finanzier ist "christlich" drauf steht, somit nur "Christliche" dort arbeiten können - und nur "christliche" Kinder in Konfessionsschulen gehen dürfen (außer mit Sondergenehmigung=selten). Eva Müller hat mit "Gott hat hohe Nebenkosten" z.B. ein gutes Buch darüber geschrieben. Da Kirchenmenschen die Medien beherrschen und echte Kirchenkritiker wie Hubertus Mynarek oder Karl Heinz Deschner in den Medien nicht zu Wort kommen dürfen wird das auch so bleiben...