Kommentar Kataloniens Unabhängigkeit: Letzter Ausweg Referendum
Der Schock nach den Attentaten hätte den Weg für eine Dialoglösung freimachen können. Aber Madrid bleibt stur – Barcelona umso entschlossener.
D ie Einheit ist endgültig vorbei: Die katalanische Regierung hat mit Unterstützung der antikapitalistischen CUP das Gesetz zum juristischen Übergang vorgestellt. Also jenes Gesetz, das nach der Volksabstimmung am 1. Oktober den Weg in die Unabhängigkeit der rebellischen Region im spanischen Nordosten ermöglichen soll.
Madrid wird einmal mehr alles tun, um den Schritt der Separatisten für rechtswidrig erklären zu lassen und gegen Verantwortliche der Regierung in Barcelona richterlich vorzugehen. Das Hin und Her nimmt also auch nach der politischen Pause, hervorgerufen durch die Trauer nach den Anschlägen von Barcelona und Cambrils, kein Ende.
Sowohl die Regierung in Barcelona als auch die in Madrid vergeben damit eine Chance. Nach dem tiefen Schock, den die Attentate auslösten, hätte man den Weg frei machen können für einen Dialogprozess. Doch dazu hätte Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy von seinem hohen Ross steigen müssen, ebenso die Sozialisten der PSOE und die rechtsliberalen Ciudadanos, die den Katalanen das Recht auf eine freie Entscheidung über ihre Zukunft absprechen.
Wer glaubt, dass die ständige Verneinung dieses Rechts die Katalanen zum Aufgeben zwingen würde, täuscht sich. Je sturer sich Madrid verhält, desto entschlossener handelt Barcelona. Denn die überwältigende Mehrheit der Katalanen will eine solche Volksabstimmung, egal, wie sie letztendlich wählen würden.
Eine Lösung des Konflikts kann es deshalb nur geben, wenn Madrid sich mit Barcelona auf ein Referendum einigt, so wie dies in Schottland oder vor Jahren bereits im kanadischen Quebec der Fall war. Die Separatisten unterlagen – und fügten sich dem Urteil der Wähler. Je später Madrid aber einsieht, dass kein Weg an einer Abstimmung vorbeigeht, umso schlechter ist es für die Einheit Spaniens. Denn die sture Madrider Politik schafft mehr und mehr Separatisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken