Kommentar Kampagne Laufzeitverlängerung: Die Schwäche der Atomlobby
Die Kampagne der Wirtschaftsführer für längere Atomlaufzeiten ist ein Zeichen von Schwäche und entlarvt die politische Blindheit hochbezahlter Manager.
D ie Kampagne, mit der vierzig deutsche Wirtschaftsführer an diesem Wochenende für erheblich längere Atomlaufzeiten eintreten, ist letztlich ein Zeichen von Schwäche. Der Lobbyismus alten Stils funktioniert nicht mehr, jetzt werden die Interessenvertreter umso lauter. Es wird aber wenig helfen. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat lassen sich durch Zeitungsannoncen nicht verändern.
Erstaunlich ist die politische Blindheit hoch bezahlter Manager. Dass sie nie wieder so viel Gehör finden würden wie unter Gerhard Schröder, der als Sozialdemokrat der Anerkennung durch die Wirtschaft dringend bedurfte: Das haben sie offenbar erst verstanden, als es vorbei war. Von dem Gerede über den schwarz-gelben Fehlstart haben sie sich den Kopf vernebeln lassen. Dabei stand hinter all der Streiterei die kühle Strategie der Kanzlerin, die politische Mitte nicht aufzugeben.
Dabei hatte es Umweltminister Norbert Röttgen doch fast schon geschafft, eine Laufzeitverlängerung von immerhin bis zu zehn Jahren geradezu als Erfolg der Antiatombewegung aussehen zu lassen. Aber der Branche ist es offenbar lieber, einen Kulturkampf zu führen und den Höhenflug der Grünen bei den anstehenden Landtagswahlen weiter zu fördern. Von Planungssicherheit zu reden und gleichzeitig einen Beschluss über längere Laufzeiten herbeizuführen, der vom Verfassungsgericht dann wieder gekippt wird. Aus Schröders Erfahrungen weiß Merkel ganz genau, wohin sich die Wirtschaftsbosse bei einem solchen Debakel schlagen werden: in die Büsche.
Ralph Bollmann leitet das Parlamentsbüro der taz.
Mit den Demonstrationen gegen Hartz IV hat der Aufstand der Manager gemein, dass es ein Protest der alten Männer ist. Gibt es wirklich keine einzige Frau, die für die weitere Nutzung der Atomkraft eintritt? Gibt es in dieser Riege außer Oliver Bierhoff wirklich niemanden, der habituell noch nicht im Rentenalter ist? Für den Willen zur Veränderung, für technische Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt spricht all das nicht.
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