Kommentar Kärnten: Haider, wie er leibt und lebt
In Kärnten wird das Andenken Jörg Haiders hochgehalten, an der Unfallstelle werden täglich Blumen deponiert. Einen Neuanfang für das Bundesland wird es so nicht geben.
I n Kärnten dürften nach dem Auffliegen diverser Korruptionsskandale, die mehr als die halbe Landesregierung vor Gericht brachten, Neuwahlen ins Haus stehen. Die regierenden Freiheitlichen in Kärnten (FPK) blockieren zwar noch, doch werden sie früher oder später dem öffentlichen Druck nachgeben müssen. Dass sie Stimmen verlieren werden, gilt als sicher. Doch könnten sie weiterhin die bestimmende Kraft in Österreichs südlichstem Bundesland bleiben.
Der von Jörg Haider mit seinem Prinzip von Brot und Spielen verankerte Rechtspopulismus kommt bei der Bevölkerung nach wie vor gut an. An der Unfallstelle, an der Haider 2008 alkoholisiert verunglückte, werden täglich frische Blumen deponiert. Und eine „Dr. Jörg Haider Gebetsliga“, die sich für die Seligsprechung des Verblichenen einsetzt, konnte monatelang im Netz absurdeste Verschwörungstheorien ventilieren, bis sie jetzt als Schabernack geoutet wurde.
Die Empörung in Kärnten über die Politiker ist zwar groß, doch dass Jörg Haider das Land nicht reich gemacht, sondern in den Bankrott geritten hat, wollen die wenigsten wahrhaben. Deswegen hüten sich auch die Vertreter der anderen Parteien, den ehemaligen Landeshauptmann als Schöpfer des Sumpfes zu benennen. Obwohl er als Haupttäter auf der Anklagebank sitzen müsste: Toten wirft man keinen Dreck hinterher.
ist Österreich- und Ungarn-Korrespondent der taz.
Und vielleicht wäre es dem begabten Intriganten auch gelungen, den Menschen weiterhin etwas vorzugaukeln und die Justiz auszubremsen. Schließlich hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt den Parteispendenskandal zweimal ad acta gelegt, ohne auch nur einen einzigen Zeugen zu befragen.
Nur der Beharrlichkeit des Grünen Rolf Holub ist es zu verdanken, dass schließlich doch ermittelt wurde. Einen Neuanfang für Kärnten kann es erst geben, wenn Haider vom Sockel gestoßen wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Boris Pistorius wählt Olaf Scholz
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen