Kommentar Islamkonferenz: Wichtigeres als ein Feiertag
Die Islamkonferenz steht jetzt vor einem Neustart. Das ist gut so, denn die Integration des Islam in Deutschland steckt auf halbem Wege fest.
N ein, ein muslimischer Feiertag hat keine Priorität. Die Idee, ihn per Gesetz im Kalender zu verankern, ist nicht neu. Jetzt hat sie ausgerechnet ein säkularer Migrantenverband, die Türkische Gemeinde, wieder ins Gespräch gebracht. Doch es gibt wichtigere Themen, die auf die Agenda der Islamkonferenz gehören.
Innenminister Thomas de Mazière will ihr wieder neuen Schwung verleihen. Es ist gut, dass er mit den muslimischen Verbänden dafür erst einmal das Gespräch auf Augenhöhe sucht. Denn nach dem vielversprechenden Start unter dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble ist das Gremium eingeschlafen und unter Hans-Peter Friedrich (CSU) endgültig auf einem Abstellgleis gelandet.
Dabei gibt es noch einiges zu tun, denn die Integration des Islam steckt auf halbem Wege fest. Die Lage gleicht derzeit einem Flickenteppich: Einige Bundesländer haben muslimische Verbände und Gruppen als Religionsgemeinschaften anerkannt, andere nicht.
In manchen Kommunen sind muslimische Bestattungen möglich, in anderen nicht. Dabei wollen immer mehr Muslime in Deutschland bestattet werden. Überhaupt sind die meisten Muslime heute deutsche Staatsbürger. Höchste Zeit, dass sich das in einer muslimischen Seelsorge in Krankenhäusern, bei der Bundeswehr und in Gefängnissen widerspiegelt.
Wichtig wäre es aber auch, die nichtmuslimische Öffentlichkeit stärker in den Dialog einzubeziehen. Denn die Islamkonferenz hat sich bislang kaum auf die öffentlichen Debatte über Muslime ausgewirkt, ihre Ergebnisse sind vielen gar nicht bekannt. Die breite Öffentlichkeit muss erst noch begreifen, dass auch Muslime ein Teil dieser Gesellschaft sind. Am Ende dieses Prozesses könnte dann vielleicht auch ein gesetzlicher muslimischen Feiertag stehen. Könnte, muss aber nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene