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Kommentar Irans neue AußenpolitikAbschied vom großen Satan

Kommentar von Bahman Nirumand

Die Regierung Rohani will den Iran weiter Richtung Westen öffnen. Doch der Kurswechsel birgt auch Gefahren – und die liegen innerhalb des Landes.

Es war einmal: Iranische Studenten klettern über das Tor und stürmen am 4. November 1979 die amerikanische Botschaft in Teheran Bild: dpa

N ein, es sind keine Floskeln, die zur Beruhigung des Westens dienen sollen, wenn der iranische Außenminister Dschawad Sarif im deutschen Fernsehsender den Holocaust als „grausame Tragödie des Umbringens, das nie mehr vorkommen“ dürfe, bezeichnet. Es war auch nicht das erste Mal, dass der Minister ebenso wie der Regierungschef Hassan Rohani unmissverständlich den Holocaust als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet hat.

Dabei geht es nicht nur um die Korrektur der unseligen Attacken Mahmud Ahmadinedschads gegen den zionistischen Staat. Die Regierung Rohani ist gerade dabei, jene Säule zum Sturz zu bringen, die zu den substanziellen Stützen der Islamischen Republik gehört: die Feindschaft gegenüber dem Westen.

Rohani und sein Außenminister scheinen entschlossen zu sein, das Land nicht nur Europa, sondern auch den USA gegenüber zu öffnen, die das Regime seit nun 34 Jahren als „großen Satan“ bezeichnet. Dass auch „der kleine Satan“ Israel aus der Schusslinie genommen wird, gehört offenbar zu den Zugeständnissen, zu denen die Regierung bereit zu sein scheint.

Im Atomkonflikt hat Iran bislang sämtliche Forderungen des Westens akzeptiert, ohne auch nur annähernd dafür Gegenleistungen erhalten zu haben. Auch in anderen Bereichen, wie etwa in der Syrienkrise, zeigt sich die Regierung kooperationsbereit. Rohani hat beim Wirtschaftsgipfel in Davon händeringend westliche Unternehmen zu Investitionen im Iran eingeladen. Das ist weit mehr als eine diplomatische Charmeoffensive.

Doch der drastische Kurswechsel birgt auch Gefahren. Es gibt mächtige Kräfte im Iran, die befürchten, dass damit die Substanz des islamischen Staates und seine ideologische Legitimation verloren gehen. Sie sind dabei, Rohanis Pläne zu torpedieren. Es ist ein unerbittlicher Kampf zweier Linien, den der Iran zurzeit erlebt.

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3 Kommentare

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  • MQ
    Monika Q.

    wer die geschichte kennt, weiß, dass die beschreibung "der große satan" nicht völlig daneben liegt

  • die sanktionen haben erst das scheinbare nachgeben der mullahs veranlasst. die deutsche "wandel durch handel" politik der 90er hat das regime am leben erhalten. erst die amis haben dafür geworgt, dass es den reichen mullahsäcken so richtig im geldbeutel wehtut und sie sich deswegen bewegen müssen.

     

    obama hat in dem fall recht gehabt, als er in den letzten jahren die sanktionen schritt für schritt verschärfte.

     

    bleibt zu hoffen, dass die amis auch die desoilate lage der menschenrechte im iran auch zum thema machen.

  • A
    alDativ

    "[...]ebenso wie der Regierungschef Hassan Rohani unmissverständlich den Holocaust als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet hat."

     

    Dies ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit.

     

    Bekomme ich dafür, dass ich eine Hose anziehe auch einen Nobelpreis verliehen?

     

    Die iranische Führung ist trotz der Aussagen in letzter Zeit noch gefährlich. Genau wie Saudi Arabien etc.!