Kommentar Iranisches Atomprogramm: Den Worst Case verhindern

Nach dem Deal ist vor dem Deal: Weil der Iran gegen das Atomabkommen verstoßen hat, beginnt für die deutsche Außenpolitik die Arbeit.

Heiko Maas schüttelt Hassan Rohani in Teheran die Hand

Erst Anfang Juni war Außenminister Heiko Maas bei Präsident Hassan Rohani in Iran Foto: Iranian Presidency Office via AP

Die Welt konnte dem Scheitern des Iran-Abkommens zusehen wie einem Unfall in Superzeitlupe. Dass es zum Aufprall kommen würde, war schon erkennbar, als die USA vor über einem Jahr aus dem Vertrag ausstiegen und neue Sanktionen gegen den Iran einsetzten. Die Europäer versuchten zwar noch monatelang, deren Auswirkungen abzufedern und den Iran im Abkommen zu halten. Dafür ist die EU aber wirtschaftlich und politisch zu schwach.

Was die Internationalen Atomenergiebehörde am Montag vermeldete, hatte sich also abgezeichnet: Der Iran besitzt wieder mehr angereichertes Uran als erlaubt. Dass er die Atombombe bauen kann, ist wieder wahrscheinlicher. Das Atom-Abkommen ist tot.

Nur weil die Bundesregierung und die europäischen Partner einmal scheiterten, sollten sie jetzt aber nicht aufgeben. Auf die Anhänger des Abkommens wartet eine neue Aufgabe, dieses Mal mit größeren Chancen auf Erfolg: Sie müssen den Worst Case verhindern.

Wie der aussehen würde? Der Iran stellt immer mehr, auch hochangereichertes Uran her. Aus dem Atomwaffensperrvertrag steigt er aus. Saudi-Arabien reagiert, indem es sich eine eigene Atombombe besorgt. Die USA reagieren, indem sie iranische Nuklearforschungsanlagen bombardieren. Die Situation in der Region eskaliert, der Nahe und Mittlere Osten hat seinen nächsten Krieg, zurück bleibt verbrannte Erde – und das ist nicht als Metapher gemeint.

Es gibt auch ein Best-Case-Szenario

So muss es nicht kommen. Es gibt auch ein Best-Case-Szenario: Der Iran reichert nicht noch mehr Uran an und missachtet auch keine weiteren Auflagen des Abkommens. Er belässt es bei symbolischen Verstößen, die die Hardliner im Land befriedigen sollen.

Neue Sanktionen sind zwar trotzdem unausweichlich. Die Regierung in Teheran bleibt aber grundsätzlich gesprächsbereit. In zwei Jahren, Inshallah, haben die USA dann einen neuen, demokratischen Präsidenten. Alle Beteiligten einigen sich zusammen auf einen neuen Anlauf. Das Atomabkommen lebt wieder.

Deutschland und seine europäische Partner könnten darauf hinwirken, dass sich der Iran für den zweiten Weg entscheidet. Was dafür zu tun ist? Sie müssen einen Fahrplan aufstellen hin zur Wiedereinsetzung des Abkommens. Sie müssen mehrere Außenminister zusammen nach Teheran schicken und so den Willen zur Kooperation demonstrieren. Und sie müssen die schlimmsten Folgen der nun kommenden, neuen Sanktionen abfedern – indem sie zum Beispiel weiterhin versuchen, zumindest den Handel mit humanitären Gütern wie Arzneimitteln zu ermöglichen.

Auch diese Aufgabe ist nicht ohne. Dieses Mal geht es aber nicht darum, ein starres Abkommen mit klarem Regelwerk einzuhalten. Es geht nur darum, ein paar Monate lang für eine halbwegs erträgliche Stimmung zu sorgen. Zumindest dafür könnte die Macht der Europäer ausreichen.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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