piwik no script img

Kommentar IrakFrieden für Öl

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Politische Versöhnungsbemühungen der UNO im Irak haben keine Chance, solange die Besetzung des Landes durch britische und US-Truppen anhält. Beim Öl darf die UNO schon gleich garnicht mitreden.

J etzt soll die UNO wieder ran und für politische Versöhnung, Wiederaufbau und Stabilität im Irak sorgen. Entsprechende Absichtserklärungen haben die USA und Großbritannien am Wochenende bei einer Irak-Konferenz durchgesetzt. Dabei wurde der UNO in ihrer über 60-jährigen Geschichte nie so geschadet wie durch den anglo-amerikanischen Irakkrieg vom Frühjahr 2003.

Bild: kristin flory

Andreas Zumach (52) ist Uno-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf.

Washington und London führten diesen völkerrechtswidrigen Krieg gegen den erklärten Willen großer Mehrheiten sowohl im Sicherheitsrat wie in der Vollversammlung. All die Warnungen vor den katastrophalen Folgen eines Krieges, die seinerzeit in diesen beiden wichtigsten UN-Gremien vorgebracht wurden, haben sich nicht nur bestätigt, sondern werden von den grausamen Realitäten im Irak sogar noch weit übertroffen. Wenn Iraks Premierminister Nuri al-Maliki einer künftig verstärkten UN-Mission jetzt "Sicherheit garantiert", klingt dies wie ein schlechter Witz. Der Regierungschef konnte bislang nicht ein- mal die Sicherheit seiner eigenen Minister garantieren.

Nun könnte man ja vielleicht bereit sein, diese ganze Vorgeschichte ad acta zu legen - wenn denn eine verstärkte Rolle der UNO im Irak Aussicht böte auf eine Verbesserung der Lage. Eben dies ist aber unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen nicht zu erwarten. Solange die Besatzung des Landes durch US-amerikanische und britische Truppen anhält, haben politische Versöhnungsbemühungen der UN keine Chance. Es kommt hinzu: Um eigene Interessen weiterhin ungestört durchsetzen zu können, haben die USA und Großbritannien festgelegt, dass sich die UN aus einem der zentralen innenpolitischen Streits heraushalten: der Verfügung über die Ölreserven Iraks und der Beteiligung ausländischer Konzerne an diesen Reserven.

Hinter den Bemühungen der USA und Großbritanniens um eine stärkere Rolle der UNO im Irak steckt in erster Linie das Kalkül, die eigene Verantwortung für das dort geschaffene Desaster künftig auf die Weltorganisation abschieben zu können. Bleibt zu hoffen, dass dieses Kalkül scheitert - und sei es auch nur an den Sicherheitsbedenken der UNO-Personalvertretung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!