Kommentar Integrationsgipfel: Arbeit ist die beste Integration
Nach dem Integrationsgipfel schlägt der Zentralrat der Muslime eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst vor. Diese Forderung ist richtig, reicht aber noch nicht aus.
M an wolle jetzt "konkreter" werden, was Pläne und Ziele angehe, versprach Angela Merkel zum Abschluss des vierten Integrationsgipfels am Mittwoch. Unter der Hand gab sie damit zu, dass die Runde im Kanzleramt bisher im Vagen und Ungefähren verblieben ist und die vier Treffen der letzten Jahre wenig vorzeigbare Ergebnisse gezeitigt haben.
Einen konkreten Vorschlag reicht jetzt der Zentralrat der Muslime nach: Er schlägt eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst vor und fordert, den Arbeitsmarkt stärker für Migranten zu öffen. Diese Forderung ist richtig. Sie erinnert nicht nur daran, dass sich Integration nicht darauf reduzieren kann, einen Forderungskatalog an Migranten durchzureichen, sondern auch mit Ansprüchen an die Mehrheitsgesellschaft verbunden ist. Und sie ruft ins Gedächtnis, dass Arbeit die beste Form der Integration ist.
Ob eine Quote reicht, damit künftig mehr Bewerber mit Migrationshintergrund bei der Jobvergabe berücksichtigt werden, steht auf einem anderen Blatt. Zum einen stellt sich die Frage, wie man den Begriff "Migrant" definiert: Ist man denn, wenn die eigene Familie bereits in der zweiten oder dritten Generation im Lande wohnt, überhaupt selbst noch ein Migrant? Und wenn ja, warum ist man dann noch benachteiligt?
Die Bildungsdefizite, mit denen viele Einwandererkinder noch in der dritten Generation zu kämpfen haben, lassen sich so jedenfalls nicht bekämpfen. Dazu braucht es mehr frühkindliche Förderung und eine bessere soziale Mischung an Kindergärten und Schulen. Wichtiger als eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst wäre daher eine Quote an Kitas und Schulen.
Entscheidend sollte dabei nicht der Migrationshintergrund, sondern soziale Herkunft und Bildungsferne sein, die sich etwa durch Sprachtests ermitteln lässt. Denn mit Problemen beim Spracherwerb und beim Lernen haben nicht nur Migrantenkinder, sondern auch solche aus deutschen Familien zu kämpfen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin