Gestaltung der Einwanderungspolitik: Jungpolitiker fordern Ausländerwahlrecht
Jusos und Grüne Jugend kritisieren "Rassismus bei den Eliten" und wollen die Integrationspolitik umkrempeln. Und der Zentralrat der Muslime fordert eine Migrantenquote.
BERLIN taz/afp | Die Jugendorganisationen von SPD und Grünen haben einen gemeinsamen Aufruf für eine andere Integrationspolitik gestartet. In dem Papier "Chancengleichheit, Teilhabe, Anerkennung, Antidiskriminierung - worum es in der Integrationsdebatte eigentlich gehen müsste" kritisieren die Verfasser Sascha Vogt (SPD) und Gesine Agena (Grüne) den "weit verbreiteten Rassismus auch in der sogenannten Mitte und bei den Eliten der Gesellschaft". Die Grüne Jugend und die Jusos fordern stattdessen unter anderem ein Ausländerwahlrecht und ein inklusives Bildungssystem als Maßnahmen für bessere Integration.
Zu den Unterzeichnern des Aufrufs, den beide Organisationen am Freitag offiziell vorstellen wollen, gehören auch die Vorstandsmitglieder der beiden Bundesparteien Hilde Mattheis (SPD) und Astrid Rothe-Beinlich (Grüne), sowie Linken-PolitikerInnen wie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und weitere Bundespolitiker.
Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt sagte der taz, in der Integrationsdebatte sei "von vielen Seiten ein problematischer Zungenschlag verwendet worden". Mit Blick auf die von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel gemachte Äußerung, wer Integrationsangebote dauerhaft ablehne, könne nicht in Deutschland bleiben, sagte Vogt: "Es geht eben nicht um Sanktionsverschärfung."
Die Grüne Agena betonte, sie wünsche sich mit dem Aufruf "eine andere Perspektive" auf die Debatte. "Wir stellen uns gegen eine Diskursverschiebung nach rechts", sagte sie der taz. "Wir wollen damit einen Punkt setzen, nach links und progressiv."
Migrantenquote für öffentlichen Dienst?
In der Debatte um die Integration ausländischer Zuwanderer hat der Zentralrat der Muslime unterdessen eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst gefordert. Menschen mit ausländischem Namen und Migrationshintergrund hätten bei vergleichbarer oder sogar besserer Qualifikation bei Bewerbungen oft das Nachsehen, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek der Neuen Osnabrücker Zeitung. Eine Quote sei daher ein geeignetes Instrument, um Benachteiligungen auszugleichen.
Mazyek sagte dem Blatt, der Polizei sei es zugute gekommen, dass sie sich schon früh für Migranten geöffnet habe. "Warum sollten die Erfahrungen bei der Polizei nicht auch woanders gemacht werden?"
Am Mittwoch hatten auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Vertreter von Bund, Ländern und Migrantenverbänden auf dem vierten Integrationsgipfel über einen Aktionsplan zur besseren Eingliederung von Zuwanderern beraten. Mazyek sagte dazu, die Eingliederung werde "nicht durch eine Vervielfachung von Gipfeln verbessert". Die eigentliche Arbeit müsse vor Ort stattfinden. Dazu sei eine Öffnung von Arbeitsmärkten, öffentlichem Dienst und Parteien für Migranten nötig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier