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Kommentar Inkrafttreten von CetaBitte weiter demonstrieren

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Aktivisten dürfen sich auf die Schulter klopfen. Sie haben Ceta von Schädlichem entkernt. Doch der Pakt enthält immer noch Hochproblematisches.

Anti-Ceta-Protest im Februar 2017 in Berlin Foto: imago/ZUMA Press

F reihandel ist ein sperriges Thema. Und dennoch das einzige, das in den vergangenen Jahren wirklich mobilisierte. Hunderttausende Demonstranten fürchteten, die EU-Pakte mit Kanada und den USA würden europäische Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzpolitik aushebeln. Doch der alte Kontinent steht immer noch – doch der Trubel um TTIP und Ceta hat sich verflüchtigt. Selbst in diesen neurotischen Wahlkampfzeiten spielen die lange dämonisierten Abkommen keine Rolle.

Das liegt vor allem an Donald Trump, der den Teufelspakt mit Brüssel einfach auf Eis legte. Aber auch daran, dass viele Debatten noch ausstehen. Zwar treten an diesem Donnerstag große Teile von Ceta in Kraft. Der Investorenschutz, der so etwas wie eine Paralleljustiz für Konzerne schafft, gilt vorerst nicht. Viele Zölle zwischen Kanada und der EU fallen dagegen weg – das klingt sogar begrüßenswert.

Man könnte auch sagen: Ceta tritt vorläufig in Kraft – aber nicht mehr lange. Denn: Bislang wurde das Abkommen erst in 5 der 28 Mitgliedstaaten ratifiziert, Deutschland ist wahrscheinlich erst 2018 dran. Bei der Abstimmung in Prag brachte ein Abgeordneter zwei Päckchen Butter mit, um zu zeigen, dass Ceta zu höheren Preisen und Nachteilen für die Verbraucher führe. Fast ausgeschlossen, dass das Abkommen ungeschoren am deutschen Bundesrat, dem Europäischen Gerichtshof, dem österreichischen Parlament, der belgischen Regierung oder einer Volksabstimmung in den Niederlanden vorbeikommt.

Die Zivilgesellschaft darf sich dafür auf die Schulter klopfen, Ceta und vergleichbare Abkommen von vielem Schädlichem entkernt zu haben. Aber: Jetzt bitte nicht nachlassen! Die Ratifizierung läuft, europaweit. Der Pakt enthält immer noch Hochproblematisches, so den Wegfall von Importauf­lagen für klimaschädliches Öl aus Teersand. Also: Bitte weiter demonstrieren!

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Zurückdiktiert in die Steinzeit ...

     

    Aber ich habe noch Hoffnung.

     

    Damals haben wir es ja auch geschafft, das MAI abzublocken: https://de.wikipedia.org/wiki/Multilaterales_Abkommen_über_Investitionen

     

    Wenn derartige Abkommen durchkommen, ist das innenpolitische Gedöns Makulatur.

     

    Wer Freihandel will, kann ja auch einfach sagen: Zölle weg. Alles andere (Standards absenken im Bereich Arbeitsrecht, Umwelt, Gesundheit, Verbraucherschutz und und und) ist Mist!

     

    Da könnte ich auch daherkommen und ein Freihandelsabkommen fordern, mit 2 Punkten:

    1. Abschaffen von Zöllen.

    2. Falls es erforderlich ist, müsst Ihr eben Gelder bei den Superreichen einfordern. Beschneidet doch deren Rechte.

     

    Wie würde Euch das denn gefallen, ihr Ceta-Verfasser?

     

    Baut einfach die Zölle ab, wenn Ihr meint, aber lasst mich mit Eurer vorsintflutlichen Deregulierung in Ruhe. Wenn ich in einem Staat investieren will, informiere ich mich halt vorher, welche Gesetze da herrschen.

  • Interessantes Timing, dass CETA drei Tage vor der Bundestagswahl in Kraft tritt. Burying nennt man diese Taktik.

     

    "Hunderttausende Demonstranten fürchteten, die EU-Pakte mit Kanada und den USA würden europäische Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzpolitik aushebeln. Doch der alte Kontinent steht immer noch"

     

    Na klar, es war ja noch nicht in Kraft. Natürlich wird es das bewirken, dazu ist es ja da.

     

    Zitat Rainer Mausfeld: "Schon die Formulierung ‚Notwendigkeiten des Marktes‘ ist ja nicht mehr als eine verklausulierte Formulierung…

     

    …für?

     

    …’die Bedürfnisse der besitzenden Klasse‘.

     

    Und jetzt setzt das mal ein in "marktkonforme Demokratie" und schon ist die gesamte politische Entwicklung der letzten Jahrzehnte schlüssig, die Prioritätensetzung, die Entwicklung der Kluft zwischen Arm und Reich, die Ignoranz und Verachtung gegenüber allen, die nicht besitzen, die Sicherheitsvorkehrungen gegenüber der eigenen Bevölkerung, weil man schon ahnt, dass das Spielchen nicht ewig gut geht, alles.

  • Ja, es muß immer weiter demonstriert werden. Die Demokratie, Menschenrechte und Freiheit werden mit neoliberalen Freihandelsabkommen unterwandert. Wer die Demokratie nicht verteidigt akzeptiert ihren Untergang. Und was passiert bei den anstehenden Wahlen? Gewinner werden aller Voraussicht nach die Parteien sein die den Neoliberalismus mit seiner Wachstumsideologie verteidigen und immer stärker ausbauen. Zugunsten des Konsumismus der reichen Länder wie Deutschland, dem der nichtsahnende brave Bürger im bequemen Wohnzimmersessel kollektiv verfallen ist.

    Er merkt nicht auf wessen Kosten er lebt. Im Grundgesetz steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Unseren gierigen übersteigerten Konsum müssen Menschen in der ganzen Welt bitter bezahlen. Die Näherin unser Billigklamotten in Bangladesh oder die rohstoffschürfenden bitterarmen Arbeiter in den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern, deren Würde mit unseren Füßen getreten wird, seien nur Beispiele unter vielen. Freihandelsabkommen wie CETA, EPA`s und TTIP sichern unseren Profit auf Kosten großer Teile der Weltbevölkerung.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Wir, die Demonstranten, können uns auf die Schulter klopfen? Wofür?

    Die Einwände der Wallonen sind nicht im Papier enthalten. Der Investorenschutz hat momentan keine Gültigkeit, stattdessen gibt es aber eine aussergerichtliche Instanz, die entscheiden darf.

    Sie werden das alles so durchsetzen, wie sie das geplant haben. Wetten?

    Wir können weiter demonstrieren und uns die Füße plattlaufen. Es wird so laufen, wie die Lobbyisten das wollen und nicht anders.

     

    Der berühmte Atomausstieg hat nur wegen Fukushima funktioniert. Ansonsten würden wir heute noch laufen - ohne Erfolg!