Kommentar Homophobie an Schulen: „Schwule sterben früher“
Die Petition eines Lehrers aus Baden-Württemberg geht gegen Akzeptanz sexueller Vielfalt vor. Und findet viel Zustimmung.
T homas Hitzlsperger ein Vorbild? Nicht für alle. An einer Schule in Baden-Württemberg steht dieser Tage vermutlich nicht nur ein Lehrer vor seiner Klasse und belehrt die Schüler anlässlich des Outings des Ex-Fußballers darüber, dass sein homosexueller Lebensstil „negative Begleiterscheinungen“ haben und er höchstwahrscheinlich alkohol- und drogensüchtig werden wird. Falls er sich nicht voher umbringt.
Denn dieses Schicksal ereile Schwule und Lesben ja besonders häufig. Das alles ist nachzulesen in der jüngst publizierten Kritik am Baden-Württembergischen Bildungsplan „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“.
Etwa 76.000 Leute finden das richtig. So viele haben die hetzerische Petition des Pädagogen Gabriel Stängle mit Namen unterschrieben und sich damit offen zur Homophobie bekannt, darunter etliche Lehrer. Sie wollen nicht, dass „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ zu einem Leitbild an baden-württembergischen Schulen erklärt wird.
Dermaßen krasse Positionierungen kontra – übrigens auch pro – Homosexualität haben an Schulen nichts zu suchen. Es geht nicht um Missionierung der Schüler und Schülerinnen, es geht um eine tolerante Grundhaltung als Basis für Gespräche, um Anerkennung gesellschaftlicher Realität, um Begleitung der Schüler in ein selbstbestimmtes Leben. Es geht darum, Leute wie Stängle an der Verbreitung ihrer kruden Ideen zu hindern – deshalb braucht es ein Leitbild pro sexuelle Vielfalt, deshalb ist der vom Ministerium vorgelegte Bildungsplan richtig. Die Beweisführung haben die Gegner auf bittere Weise eindrucksvoll selbst erbracht.
Nehmen wir einmal an, im Unterricht von Herrn Stängle spricht dieser Tage ein Schüler tatsächlich das Outing des Fußßballstars Hitzelsperger an. Man kann nur eines hoffen: dass Stängle dazu schweigt. Aber das ist unwahrscheinlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Problematischer Vorstoß der CDU
Stigma statt Sicherheit
Kleinparteien vor der Bundestagswahl
Volt setzt auf die U30
Musks AfD-Wahlempfehlung in der „Welt“
Rocky Horror Springer Show
Reichtum in Deutschland
Geldvermögen auf 9,3 Billionen Euro gestiegen
Silvester in Berlin
Kein Ärger in Verbotszonen
Willkommenskultur in Deutschland
Gekommen, um zu bleiben?