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Kommentar Hausdurchsuchungen S21Ideologen, ruhig Blut!

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Hausdurchsuchungen unter einer grünen Regierung sind per se kein Skandal. Wenn der Verdacht schwerer Gewalttaten im Raum steht, muss die Zivilgesellschaft bem Aufklären helfen.

V orsicht, Ideologieverdacht: Die Polizei durchsucht Büro und Wohnung eines Stuttgart-21-Gegners, und das ausgerechnet unter der neuen grün-roten Landesregierung! Wer nun jedoch einen Skandal wittert, weil auch unter einem grünen Regierungschef linke AktivistInnen kriminalisiert würden, urteilt vorschnell.

Denn Hausdurchsuchungen in diesem Fall sind legitim. Die Polizei ermittelt nach einer Schlägerei zwischen einem Demonstranten und einem Zivilpolizisten, der - das sagt die Behörde - schwere Kehlkopfverletzungen davontrug. Die Bahnhofsgegner schafften es in gut zwei Wochen nicht, Filmmaterial der Szene zur Verfügung zu stellen.

Nun kann Misstrauen gegenüber der Polizei durchaus angebracht sein, bei Demonstrationen neigt sie nicht selten zur Dramatisierung, auch Einschüchterungstaktiken oder Vertuschung sind ihr nicht fremd. Wenn aber der Verdacht einer schweren Gewalttat im Raum steht, ist die Zivilgesellschaft verpflichtet, bei der Aufklärung zu helfen. Und die Aktivisten sind gut beraten, an ihrer Distanz zu möglichen Gewalttätern keine Zweifel aufkommen zu lassen.

Bild: anja weber

Ulrich Schulte ist Leiter des Berliner Parlamentsbüros der taz.

Und die Grünen? Sie geraten durch Konflikte wie diesen keineswegs in unlösbare Dilemmata. Zwar haben sie als aus der Protestbewegung gewachsene politische Kraft historisch ein schwieriges Verhältnis zur Polizei. Doch dies ist längst einer pragmatischen Haltung gewichen. Heute plaudern grüne Bürgermeister munter in Interviews daher, manchmal sei Repression eben angesagt. Und innenministertauglich fühlt sich die Partei längst, auch wenn sie dieses Ressort noch nie besetzt hat. Man wird die Grünen irgendwann daran messen müssen, ob sie es schaffen, Polizeiapparate zu Transparenz und deeskalierendem Vorgehen zu verpflichten - doch dafür ist es jetzt noch zu früh.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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13 Kommentare

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  • I
    Ilmtalkelly

    Der Artikel ist an Vorverurteilung kaum zu überbieten.Hier sieht der Autor schon den gesicherten Grund, eine Hausdurchsuchung zu veranlassen. Er ruft zur nichts hinterfragenden Ruhe auf.Wer die kontroverse Debatte als hysterische Überreaktion darstellt, lässt die taz nicht gerade unabhängig erscheinen. Oder würde er auch zur Haussuchung bei der Staatsanwaltschaft, wegen filmreifer Übergriffe seitens der Polizei auf Demonstranten aufrufen?

    Ich mache mir große Sorgen. Ein Wandel schleicht sich ein.

  • SE
    S. E.

    Einspruch! Hier wurde so gut wie überhaupt nicht recherchiert! Der Witz ist doch, dass es um die Herausgabe von youtube-Videos ging, die für jeden - auch für die Polizei - öffentlich im Netz zu finden sind und die heruntergeladen werden können. Hat die Polizei kein Internet? Oder fehlt ihr die aktuelle Software? ... Hier geht es darum, dass ein Medienspektakel mit den Reizwörtern "Hausdurchsuchung" und "radikale (?!) Parkschützer" inszeniert wurde um die Bewegung gegen S21 zu spalten und zu kriminalisieren. Damit ist das Thema "Bahn betrog Parlament in Bezug auf Kosten von S21 und Neubaustrecke Wendlingen-Ulm" wieder aus den Medien verschunden. Soll das ein Zufall sein? Und das von der taz.... Recherchieren bitte!!!

  • S
    sillything

    Ich glaube nicht, dass auch nur einer der Kommentatoren und Autoren der Taz, die sich zum Thema S21 äußern, sich ausführlich mit diesem komplizierten Thema beschäftigt hat, auch nicht Herr Schulte. Es wird nur obenhin dahergeredet, es sind keine fundierten Meinungen. Beschäftigen Sie sich mal eingehend mit den Planungen, der Geschichte der Planungen, der Geologie der Stadt, der Entwicklung des bestehenden Kopfbahnhofs, den Anfängen der K21-Bewegung, der Meinungsbildung und Politisierung der Bevölkerung Stuttgarts, den vielen Ortskreisen für K21 in Baden-Württemberg, reden Sie mit den Juristen-gegen-S21 und den Ingenieuren-gegen-S21, erkundigen sie sich über die Berichterstattung, über das S21-Sprecherbüro und über die Vorgänge bei der Vermarktung und Werbung des S21-Projekts. Dann bleibt noch die eindringliche Bitte, sich einmal mit den finanziellen, geschäftlichen und freundschaftlichen Verflechtungen der Akteure des S21-Projekts und den zugehörigen Unternehmen zu beschäftigen.

     

    Ich glaube, liebe Taz-Autoren und Kommentatoren, Sie können mittlerweile von fast jedem Montagsdemo-Teilnehmer und Mahnwachen-Ehrenamtlichen fundiertere Informationen und Meinungen erhalten, als Sie es hier seit Monaten zu Papier bringen.

     

    Das Thema ist vielseitig und kompliziert, aber hochspannend. Es würde sich lohnen. Naja, schad.

  • SI
    Stuttgarterin im berechtigten Widerstand

    Schade, dass es auch die TAZ unterlässt, eigene Ermittlungen anzustellen darüber, was am 20.06.2011 bei der "gewaltsamen Auseinandersetzung" wirklich geschah.

    Zumindest hätte sie deutlich machen und in Frage stellen können, was bitteschön bewaffnete Polizisten in Zivil (mit Glatze und Lederjacke) unter friedlich demonstrierenden Bürger zu suchen haben! Laut Zeugenaussagen hat derjenige zuvor ja auch kräftig provoziert.

    Wo bitte bleibt Ihr Artikel darüber??

    Bisher habe ich von der TAZ mehr gehalten und hatte bereits in Erwägung gezogen, sie zu abonnieren. Aber so nicht ......

  • CR
    Christoph Rösch

    Ein Zivilbeamter unter den Demonstranten wurde bei einer Schlägerei am Kehlkopf verletzt.

     

    Vor einigen Jahren fanden wir hier im Westen es noch ganz toll, wenn sich die Montagsdemonstranten gegen die Zivilbeamten des ostdeutschen Staates gewehrt haben. Wie heißt denn der Zivilbeamte in Stuttgart? IM Grube? oder IM Kretschmann?

     

    Das ist doch ein Witz, Hausdurchsuchung wegen einer Schlägerei. Welche Häuser sind denn nach den gewaltsamen Auflösungen der Demonstrationen durchsucht worden?

     

    Ob schwarz, gelb, rot oder grün..... arme Stuttgarter, dieser Bahnhof wird gebaut, da interessiert sich keiner für Eure Belange. Und ihr habt Recht, er wird sehr viel teurer, nur dass ihr die Schuld bekommt.

  • GO
    Gottfried Ohnmacht-Neugebauer

    Schade, der Kommentar springt zu kurz und geht an dem Wesentlichen der Angelegenheit vorbei. Hat man sich denn in Berlin schon daran gewöhnt, dass sich bewaffnete Zivilpolizisten zwischen friedliche Demonstranten mischen? Das ist etwas, das Recht und Gesetz widerspricht. Da besteht sogar der Verdacht, dass die Polizei am 20. Juni 2011 in Stuttgart bewaffnete Provokateure eingesetzt hat. Das wäre kein Kavaliersdelikt sondern ein veritabler Skandal.

    Ich selbst habe zum Glück bisher nur einmal erlebt, dass in einer Menschenansammlung jemand mit einer Waffe herumgefuchtelt hat - das ist lange her, aber ich kann mich noch erinnern, dass ich damals ziemlich panisch reagiert habe. Woher bitte sollten die Demonstranten wissen, dass es sich bei dem Glatzkopf in Lederjacke um einen Polizisten gehandelt hat?

    Was da in Stuttgart passiert ist, ist äußerst dubios, und es wird auch nicht besser dadurch, dass die Stuttgarter Polizei 8 (in Worten acht) verletzte Polizisten dazu erfunden hat, ganz im Gegenteil: die Stuttgarter Polizei kann nicht mehr viel Vertrauen verspielen.

    Von der taz würde ich dazu keine Beruhigungspillen erwarten; lieber wäre es mir, wenn meine Zeitung zu einer Aufklärung des Skandals beitragen würde.

  • T
    Torben

    Hausdurchsuchungen werden - vermutlich überwiegend - unverhältnismäßig bewilligt und zur Gängelung sowie Bestrafung mißbraucht. Ihre abschreckende Signalwirkung auf Dritte lässt dabei manchen Obrigkeitsideologen noch obendrein frohlocken. Ein derart massiver Eingriff in die Intimssphäre und das verbundene Ohnmachtsgefühl im Angesicht einer solchen Gewalt wird von vielen Opfern als erniedrigend und verstörend empfunden und wirkt nicht selten nachhaltig traumatisierend.

     

    Der Kommentar geht fehl. Wenn das Opfer der Hausdurchsuchung sicher über das besagte Filmmaterial verfügt, dann wäre vielleicht eine gerichtliche Anordnung zur Herausgabe angezeigt gewesen. Ich bin kein Jurist, aber dagegen hätten dann wohl Rechtsmittel bestanden und andererseits die Möglichkeit, die Herausgabe gegebenenfalls auch zu erzwingen.

     

    Hausdurchsuchungen gehören in diesem Land - ebenso wie Abhöraktionen - wesentlich strikter reguliert und irrgeleitete Juristen aufs Abstellgleis geschoben. Das Feigenblatt "Richtervorbehalt" und die tatsächliche Praxis sind eine Schande für unser Land.

     

    Udo Vetter - Sie haben das Recht zu schweigen:

    http://www.youtube.com/watch?v=HR0T2bpdItw

     

    Soll man jetzt ernsthaft beweisen müssen, mögliches Beweismaterial nicht zu besitzen, damit die Staatsmacht nicht im Morgengrauen im Schlafzimmer steht? Auch nicht gerade meine Vorstellung von "Zivilgesellschaft".

     

    Ein Letztes, die reflexartige Präventivverteidigung zugunsten der grünen Landesregierung ist unnötig oder impliziert der Kommentar ernsthaft, dass die Exekutive in Baden-Württemberg direkten Einfluss auf ein Ermittlungsverfahren nehmen soll oder genommen hat? Im Nachgang muss sich Grün-Rot allerdings fragen lassen, was man zu tun gedenkt um in der unabhängigen Justiz aufgeklärt-rechtsstaatliches Denken wieder tiefer zu verankern. Die Kritik mag teilweise auch auf die Stuttgart21-Gegner zutreffen, Körperverletzung ist kein Spaß und sollten hier wirklich Leute an einer Vertuschung mitwirken, dann wäre das ebenfalls ein Armutszeugnis.

  • E
    ebenerdig
  • V
    vic

    Pardon, aber für mich ist das eine Retourkutsche nach Bekanntwerden der Körperverletzung seitens einiger Beamten.

    Mag sein, dass auch ein paar Demonstranten gewalttätig auf vorsätzliche Staatsgewalt reagierten.

    Das ist aber kein Grund, aus einer gutgemeinten und überwiegend friedfertigen Bewegung Terroristen zu machen.

  • M
    Marlo

    Mit dem Artikel ist die taz auf dem Bild-Zeitungs- Niveau gelandet. Schlecht informiert und lehrerhaftes Manipulieren steht euch echt nicht. Schade wie tief auch ihr sinken könnt! Ihr wollt eine linke Zeitung sein? Schämt Euch!

  • P
    Paria

    Mal davon abgesehen, was ich von Zivilpolizisten halte. Warum sollten die Demonstranten ihr Filmmaterial herausgeben?

    Als ich noch an Demokratie glaubte, habe ich mal gelernt, dass sich niemand selbst belasten muss.

     

    Aber von Rechtsstaat kann in Deutschland schon lange keine Rede mehr sein.

  • MH
    Michael Hübner

    Entschuldigung, aber solange es nicht eine einzgie Hausdurchsuchung bei den Verantwortlichen für die hunderten Verletzten des schwarzen Donnerstages gegeben hat, ist natürlich jede Hausdurchsuchung bei S21-Gegnern ein Skandal.

     

    Gewalt gegen Menschen ist nicht zu rechtfertigen, allerdings ist die Glaubwürdigkeit der Stuttgarter Polizei nach der schwäbischen Pflastersteinkastanie doch als, gelinde gesagt, fragwürdig einzuschätzen. Insofern, solange es keine Beweise gibt (und soweit ich das sehe, hat die bislang niemand vorgelegt, ansonsten: Bitte Links), halte ich die Geschichte mit dem schwerverletzten Polizisten für ein Propagandamärchen.

  • E
    Efes

    Wenn es um Polizeigewalt geht wird ja auch nicht zügig und konsequent aufgeklärt sondern verschleppt.

     

    Der Vorfall zeigt:

     

    Sobald die Grünen an der Macht sind wachsen ihnen Krallen und Reißzähne.