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Kommentar Grüne EU-ParlamentarierKarriere-Kinder an der Macht

Kommentar von Martin Reeh

Das Youtube-Video der Brüsseler Jung-Grünen um Ska Keller beweist: Ihnen täte das Einüben üblicher Floskeln vom Allgemeinwohl sogar ganz gut.

Die Keller-Kinder greifen zu den Sternen (Europas). Tabelle: youtube.com/Ska Keller

P olitik kann ein anstrengender Beruf sein, auch kulturell. Man muss, je nach Partei, auch als bürokratischer Typ Bierzelte zum Kochen bringen, mit Inbrunst Arbeiterlieder singen oder bei der WM öffentlich mit Deutschland mitfiebern, obwohl man zu den Brasilianern hält.

Das Fremdschäm-Video, das die drei Brüsseler Jung-Grünen ins Netz gestellt haben, war dagegen freiwillig. Man kann es zunächst einmal als Beweis sehen, dass die Grünen gut daran getan haben, auf Rebecca Harms und nicht auf Ska Keller als Spitzenkandidatin für Europa zu setzen. Keller hatte im grünen Vorwahlkampf vor allem mit ihrer Jugend punkten wollen.

Terry „Juhuuu“ Reintke, die Peinlichste des Videotrios, polemisierte damals gegen das „Europa der alten weißen Männer“. Das Video wirkt, als seien „Kinder an die Macht“ gekommen. So, als fehlte den dreien das Bewusstsein, Entscheidungen treffen zu müssen, die Konsequenzen für uns alle haben.

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Aber es wäre falsch, deswegen nur noch Ältere aufzustellen. Das Irritierendste ist nämlich nicht die jugendliche Unbekümmertheit der drei, sondern ihr naives Staunen darüber, wie weit man es gebracht hat („Ich bin doch jetzt auch neu gewählte Abgeordnete“ – „Geil“). Der Politikprofessor Franz Walter hat oft über den SPD-Nachwuchs geklagt. Ihm fehle die Bindung an die „kleinen Leute“, der Nachwuchs betreibe Politik aus Karrieregründen. Das Video zeigt: Bei den Grünen sieht es nicht viel anders aus.

Zu den Codes der deutschen Politik gehörte es bislang, die Begeisterung über die eigene Macht hinter Floskeln vom Allgemeinwohl verbergen zu müssen. Im besten Fall bewirkt dies tatsächlich eine stärkere Verpflichtung zu einer sozialen Politik. Man muss hoffen, dass die Jung-Grünen diese Codes noch lernen. Es könnte ihnen schwerfallen. Aber diesmal ist die Anpassung notwendig.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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5 Kommentare

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  • en passant

     

    "wie peinlich ist DAS denn??!"

     

    ja das find ich auch -

     

    nachdem ich feststellen konnte,

    daß eine selbsternannte Edelfeder der taz -

    ersichtlich keine Kenne hat,

    was Schwarzfüße/Pied Noirs

    sind, sondern das mehr als diametrale Gegenteil damit verbunden hat -

     

    frag ich mich doch -

    da das folgende geschreddert wurde

     

    Ach ja -

    Herrn Reeh würde das Einüben von

    Floskeln schon reichen - odr?

     

    Wie wärs mal mit Nachhilfe 2.0-

     

    "Wir sind die, die die, die das bezahlen, Eliten nennen"

     

    Paul Nizan -

    Enaista wie seine Weggefährten

    Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvior -

     

    ja - sagen , was man denkt und

    vorher was gedacht haben -

    schön wär´s;

     

    kurz - die (höhö) Unfrisierten der bürgerlichen Klasse sind wieder/endgültig bei sich

    bourgeois angekommen -

    einschl. - wie Wunder - ihre Kids;

    gaahrp.

     

    frag ich mich also : -

    vielleicht ist ja auch unbekannt, wer Paul Nizan war und warum seine Bemerkung genau das Mühlrad im Sinne von B.B. umreißt -

     

    was ja wohl von Herrn Reeh -

     

    wenn ich ihn recht verstanden habe -

    aber ich bin mir da, ob solcher Vorgehensweise nicht mehr so sicher -

     

    nunja anprangern wollte;

    aber vielleicht ist das ja auch alles gar nicht so gemeint - who knows?

  • 3 junge Leute, die noch nie in ihrem Leben einen Cent durch eigene berufliche Arbeit verdient haben und die vom realen Leben der Menschen keinen blassen Schimmer haben, vertreten deutsvhe wähler im EU-Parlament.

    Besser könnte man eine Partei kaum überflüssig machen. Ich denke (und hoffe), die Grünen folgen etwas zeitversetzt den Weg der FDP ins politische Nirwana- beide Parteien sind einfach zu weit vom realen Leben weg.

  • wie peinlich ist DAS denn??!

  • Das ist kaum jemals einfacher und präziser auf den Punkt gebracht worden als in diesem 23-sekündigen Ausschnitt:

     

    https://www.youtube.com/watch?v=TMTkedIUX8U

     

    Genau deshalb.

  • Was ist nur aus dieser Partei geworden? Sie waren doch mal die Intelligenten in der deutschen Politik. Jetzt wimmelt es dort von solchen Pseudo-Intellektuellen die sich für "jung und cool" halten, radikalen Feministen und neuerdings radikalen Veganern. Habe vor Jahren aufgehört sie zu wählen.

    Dieses Video zeigt nur den aktuellen Zustand, das ist nicht einfach nur unglücklich gelaufen. Die Grünen sind mittlerweile bornierter als die CDU. Wie konnte es nur dazu kommen?