Kommentar Griechenlands Haushalt: Kreatives Rechnungswesen
Die Griechen sind erfinderisch: Sie sehen sich nun nicht mehr als Opfer der Sparpolitik. Sie inszenieren sich als europäische Musterschüler.
I n Griechenland scheint es endlich aufwärts zu gehen. Nächstes Jahr soll die Wirtschaft wachsen, und der Staatshaushalt ausgeglichen sein. So verkündet es die griechische Regierung – während die Troika zweifelt und weitere Defizite prognostiziert.
Diese Schlachtordnung ist neu. Bisher war es stets andersherum: Die Troika verkündete unrealistische Wachstumsziele, während die griechische Regierung richtig voraussah, dass der drakonische Sparkurs eine schwere Rezession auslösen würde.
Die Griechen haben also ihre Taktik geändert, aber das Ziel bleibt gleich. Sie wollen Sparvorgaben abwehren. Nur die Begründung hat sich gewandelt. Die Griechen stellen nicht mehr nach vorn, dass sie die Opfer einer verfehlten Austeritätspolitik sind – sondern inszenieren sich als Musterschüler. Motto: Wer einen ausgeglichenen Haushalt hat, muss nicht reformieren.
Diese neue Taktik ist nur möglich, weil die Griechen erstmals einen „Primärüberschuss“ erzielen. Damit ist gemeint, dass der Staatshaushalt im Plus ist, wenn die Zins- und Tilgungskosten unberücksichtigt bleiben, die für die Schulden entstehen. Der Staat muss also keine neuen Kredite mehr aufnehmen, um seine eigentlichen Regierungsaufgaben zu bezahlen.
Der Primärüberschuss wird damit zur potenten Waffe: Die Griechen könnten jetzt einseitig einen Zahlungsstopp für Altschulden verkünden. Die Wut der Europäer würden sie verkraften, weil sie nicht mehr von ausländischen Krediten abhängig sind, um ihren Staat zu finanzieren.
Einziger Schönheitsfehler: Wie so viele griechische Statistiken dürfte auch der Primärüberschuss geschönt sein. Denn die griechische Regierung nimmt weiterhin Kredit auf – diesmal bei der eigenen Bevölkerung. Ob Beamte, Ärzte, Rentner oder Lieferanten: Sie sehen ihr Geld erst Monate später, wenn überhaupt.
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