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Kommentar Glyphosat-ZulassungsskandalDie Zweifel sind immens

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Das Bundesinstitut für Risikobewertung kopiert Urteile aus dem Zulassungsantrag von Monsanto in ihr Gutachten. Wo ist die gebotene Distanz?

Die aktuelle Glyphosat-Zulassung in der EU läuft Ende des Jahres aus, wenn sie nicht wie von der EU-Kommission gewünscht um zehn Jahre verlängert wird Foto: dpa

D as Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt sich gern als Hort der unabhängigen Wissenschaft. Doch wenn es um Pestizide geht, ist es mit Wissenschaftlichkeit und Neutralität zuweilen nicht weit her in dieser Behörde, die maßgeblich an der Zulassung der Chemikalien beteiligt ist.

Das zeigt die Affäre um die BfR-Bewertung des unter Krebsverdacht stehenden Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat: Die Beamten haben einfach seitenweise Urteile über kritische Studien aus dem Zulassungsantrag von Monsanto und anderen Herstellern in ihr Gutachten kopiert. Ohne die Quelle zu nennen – was einem Plagiat entspricht. Und ohne diese Urteile mit eigenen Kommentaren zu versehen. Auch auf dieser Grundlage kommen die BfR-Beamten zu dem Schluss, Glyphosat sei nicht krebserregend.

Die Umstände dieser Bewertung im Sinne der Hersteller nähren erhebliche Zweifel daran, dass das BfR wirklich mit der gebotenen Distanz analysiert.

Das ist nicht das erste Indiz dafür, dass die Pestizidprüfung der Behörde zu wirtschaftsnah ist. Schon länger ist bekannt, dass BfR-Beamte gemeinsam mit Mitarbeitern von Agrochemie-Konzernen zum Beispiel eine Studie geschrieben haben. Das Bundesinstitut lässt sich auch nach eigenen Angaben bis heute in seiner „Kommission für Pflanzenschutzmittel“ unter anderem von Industrievertretern beraten.

All das sind keine Beweise dafür, dass der Persilschein des BfR für Glyphosat tatsächlich falsch ist. Theoretisch könnte es ja sein, dass die Beamten nach bestem Wissen und Gewissen zu demselben Schluss gekommen sind wie die Monsanto-Wissenschaftler. Dass sie sich deshalb die Worte der Industrie zu eigen gemacht haben.

Aber die Zweifel sind immens. Und das BfR konnte sie mit seiner Stellungnahme nicht ausräumen. Denn die bezieht sich gar nicht auf die kritisierten Passagen des Gutachtens, sondern auf andere, in denen die Industriequellen klar genannt werden.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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12 Kommentare

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  • "Wo ist die gebotene Distanz?"?

     

    Die ist weg und vor allem nicht "geboten". Da ist Merkels "marktkonforme Demokratie" vor.

  • Was nützen denn alle immensen Zweifel, wenn unter dem Strich kein Zweifel daran besteht, daß sich trotz allem nahezu nichts ändert?

     

    Die Endverbraucher haben keine Möglichkeit, etwas zu ändern, denn essen muß jeder, und die alternative Auswahl ist minimal.

     

    Die Wähler könnten etwas ändern, aber nur hypothetisch. In der Praxis obsiegt die Dämlichkeit.

     

    Auch die Bauern könnten etwas ändern, indem sie einfach auf Glyphosat verzichten und darüberhinaus Monsanto aus der Lieferantenliste streichen. Doch auch das ist unwahrscheinlich, denn nach wie vor gibt's da die Jagd nach den größten Kartoffeln, die gemäß Volksmund immer nur von den dümmsten Bauern geerntet werden.

  • "seitenweise"? Wie viele Seiten des mehr als 4.300 Seiten umfassenden Bewertungs-Berichts sind denn abgeschrieben?

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Die CDU/CSU/SPD mischt sich einfach nicht in das Marktgeschehen ein, sondern läßt das von Fachleuten machen. Die machen das seit Jahrzehnten gut und gekonnt. Probleme bereiten allerdings mehr und mehr die Presseleute, die immer alles aufdecken.

     

    Dabei, so habe ich gehört, wollte Diesel-Dobrindt Glyphosat und Gülle jetzt sogar als Motor-Elixier ins Gespräch bringen, um den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben und Schmidt freute sich, daß dann nicht nur die Bauern am Pranger stehen, sondern alle Autofahrer.

    Aber, leider, leider wurde daraus nichts, da am 24.9.2017 die beiden glanzvollen CSU-Minister hochkant gefeuert wurden und jetzt angeblich bei Monsanto anklopfen, ob sie dort nicht einen besser bezahlten Job bekommen könnten.

  • Das Amt ist korrupt. Die Regierung deckt das Amt, steckt vielleicht hinter der Korruption oder es ist ihr zumindest egal. Und das kurz vor der Wahl. Interessiert es die Bürgerinnen und Bürger, ob die Regierung korrupt ist? Wäre die AfD nicht in Teilen rechtsradikal, so könnte mit so einer Regierung die AfD stärkste Kraft werden. Deshalb hat die Regierung ein Interesse daran, dass die AfD als rechtsradikal angesehen wird. Der Verfassungsschutz hat dafür seine V-Leute im Einsatz. Die Führungsriegen der Neonaziszene wird von V-Leuten der Verfassungsschutzämter gestellt auch die NPD ist eine vom Verfasssungsschutz geführte Partei und kann deshalb nicht verboten werden (so das BVerfG). Da wäre es eine grosse Überraschung, wenn der Verfassungsschutz bei der AfD untätig wäre. Schon Adenauer nutze den Verfassungsschutz um die Opposition zu überwachen. Frau Merkel konnte als ihre eigene Stasi-Erfahrung mit westdeutscher Überwachungstradition verknüpfen.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      Wie jetzt, wenn die Ganz-Rechten nicht wären, würden die Etwas-Weniger-Als-Ganz-Rechten die Welt retten, mit ihren "zukunftsweisenden Konzepten" aus der Gosse des europäischen Denkens?

    • @Velofisch:

      Kommentar entfernt. Bitte formulieren Sie Ihre Kritik sachlich und differenziert. Danke, die Moderation

  • Glyphosat ist offensichtlich ein wirksames Mittel gegen unerwünschten, ungeniessbaren Beiwuchs (Unkraut) auf dem Feld. Ein sehr viel dringlicheres Anliegen sollte deshalb sein, dass jeder es auch ohne teure Lizenzierung durch Monsanto produzieren darf. Das kann viele Menschenleben retten. Viele wären durch Missernten qualvoll an Hunger gestorben, wenn es solche Wundermittel nicht gäbe. Wir sollten weniger an die Umwelt und mehr an die armen Menschen denken. Bis man durch so etwas an Krebs stirbt, hat man das Überleben seiner Söhne und Enkel längst gesichert, die sonst qualvoll verhungert wären.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @Maike123:

      @Maike123

      Informieren Sie sich doch bitte, bevor Sie solch einen Beitrag schreiben.

      Durch den Einsatz von Glyphosat sterben jährlich sehr viele Menschen, in den ärmeren Ländern. sie sterben an Krebs, die Kinder haben Missbildungen und schwere Atemwegserkrankungen.

      Sie verhungern aber nicht?

      Ich kann es nicht glauben!

      https://www.welt-sichten.org/artikel/30858/missbildungen-durch-glyphosat-argentinien

    • @Maike123:

      Glyphosat ist seit rund 40 Jahren auf dem Markt. Die Patente dürften allesamt abgelaufen sein. In Deutschland wird das meiste Glyphosat in Generika-Produkten verkauft.

      • @Susanne Günther:

        Stimmt genau. Monsanto verdient keinen Pfennig an der Lizenzvergabe von Glyphosat. Das Patent ist längst erloschen. Monsanto hat längst neuere und teuerere Präparate entwickelt. Da stört das billige Gyphosat im Markt.

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Darüber, dass Monsanto Gutachten ungenannt mit einfliessen, wundern Sie sich doch nicht wirklich, Herr Maurin,oder?

    Wenn doch sind die "Gendreck weg" Bewegung, die Aufklärung durch verschiedene NGOs völlig an Ihnen vorbeigegangen.

    Ist aber im Internet alles nachzulesen, über die Verflechtungen der Beamten, die Einflussnahme, usw.usw.

    Die Beamten handeln nach "gutem Gewissen"?

    Anscheinend glauben Sie auch an den Weihnachtsmann und Osterhasen.

    Bei Ihrer verharmlosenden Bewertung wird mir übel. http://www.augsburger-allgemeine.de/dillingen/Gen-Technik-Aktivist-zeigt-Verflechtungen-auf-id25525691.html

     

    Fragen Sie Jörg Bergstadt, der kann Ihnen Auskunft geben, belegbar!