Kommentar Gewalt in der Türkei: Eskalation statt Dialog
Notwendig wäre eine Friedensbewegung, die eine politische Lösung fordert. Vereinzelt gibt es diese Stimmen noch.
D roht der Türkei ein Bürgerkrieg? Noch ist es nicht soweit, aber die Angst geht um, dass aus dem Krieg zwischen dem Staat und der kurdischen PKK-Guerilla eine Auseinandersetzung zwischen Türken und Kurden wird, die das Land zerreißen könnte. Keine Gesellschaft hält es auf Dauer aus, wenn Bombenanschläge im Monats- oder sogar Wochenrhythmus, Hunderte Opfer zur Folge haben, ohne das daraus politische Konsequenzen gezogen werden.
Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat mit seiner martialischen Rhetorik und flächendeckenden Repression gegen seine Kritiker zwar seine nationalistische Wählerbasis gestärkt, sein „Krieg gegen den Terror“ hat das Land dem Frieden und einer Lösung des Konflikts aber keinen Zentimeter nähergebracht. Gleichzeitig verschärft die PKK den Bombenkrieg im ganzen Land und schürt damit Wut und Hass auf die Kurden ganz allgemein.
Das erste Opfer dieser Strategie war – sicher nicht unbeabsichtigt – die legale linke HDP, die in ihren besten Zeiten die PKK in deren Augen zu marginalisieren drohte. Jetzt ist die HDP politisch tot und die PKK wieder der unumschränkte Player auf der kurdischen Seite. Will die PKK also den Bürgerkrieg statt einer politischen Lösung?
Gefragt wären jetzt besonnene Stimmen, gefragt wäre eine Friedensbewegung, die eine politische Lösung statt einer militärischen Eskalation fordert. Es gibt sie noch diese Stimmen, aber nur noch vereinzelt und ohne großen Einfluss. Mögliche Wortführer sitzen im Gefängnis, die Medien, die für eine politische Lösung der Kurdenfrage eingetreten sind, wurden längst geschlossen.
Die letzte Hoffnung sind nun besonnene Leute innerhalb der AKP und der Wirtschaft, die die Katastrophe kommen sehen, aber bislang geschwiegen haben. Sie müssen endlich die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung vertreten, die Gewalt ablehnt und den Dialog der ständigen Eskalation vorzieht.
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