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Kommentar Gemeinnützige MietenMaggie statt Mieterförderung

Kommentar von Martin Reeh

Der Deutsche Mieterbund hat Recht: Ohne staatliche Förderung wird es nicht mehr Wohnungen für Arme geben. Die SPD checkt das nicht.

Schiefes Bild: Die SPD will Eigentum statt Mieten fördern – das hätte auch Maggie Thatcher gefallen Foto: reuters

D er Deutsche Mieterbund (DMB) ist eine ziemlich sozialdemokratische Veranstaltung. Sein Präsident Franz-Georg Rips war eine Zeit lang parallel zu seinem Mieterbund-Amt auch SPD-Bürgermeister im nordrhein-westfälischen Erftstadt, sein Direktor Lukas Siebenkotten SPD-Fraktionschef in Viersen. In Berlin organisieren sich Aktivisten lieber rund um die linkere Mietergemeinschaft als um den etwas behäbigen Mieterbund-Ableger.

Umso bemerkenswerter ist, wie sich der DMB vor seinem diesjährigen Mietertag von der SPD absetzt. Das betrifft die Gesamtbilanz der Mietenpolitik der Bundesregierung, welcher der DMB ein „insgesamt unbefriedigend“ attestiert – und die Pläne zur neuen Wohnungsgemeinnützigkeit im Besonderen.

Kommunalen und kirchlichen Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Stiftungen soll es durch Steuererleichterungen ermöglicht werden, neue Wohnungen zu errichten. Im Gegenzug müssen sie sich verpflichten, eine Miete unterhalb der örtlichen Vergleichsmiete anzubieten. Grüne und Linke hatten solche Konzepte schon vor einiger Zeit vorgelegt, jetzt zieht der DMB nach.

Die SPD debattiert zwar gelegentlich darüber, im Entwurf des Wahlprogramms ist es aber bei der vagen Formulierung „wir werden den nicht-profitorientierten Sektor auf dem Wohnungsmarkt stärken“ geblieben. Sehr konkret heißt es dagegen, der „Erwerb von Wohneigentum für Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen“ solle „durch ein sozial gestaffeltes Familienbaugeld“ gefördert werden. Eigentums- statt Mieterförderung – das hätte auch Maggie Thatcher gefallen.

Der Bestand an billigen Wohnungen lässt sich nicht ohne staatliche Förderung erhöhen. Derzeit bremst die Schuldenbremse auch die kommunalen Wohnungsunternehmen. Mit der Wohnungsgemeinnützigkeit ließe sich mehr bauen. Wer darauf verzichtet, wird auch in der nächsten Wahlperiode ein „unbefriedigend“ kassieren.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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10 Kommentare

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  • Der wichtigste Engpassfaktor ist Bauland. Alles andere ist nachgelagert und führt zu keiner wesentlichen Verbesserung. Aber solange in den Kommunen Haus- und Wohnungseigentümer mitentscheiden, wird das Problem nicht minimiert. Welcher Immobilienbesitzer will einen Stillstand oder gar Rückgang der spekulativen Preisexplosion. Das läuft natürlich nicht offen ab. Danach müssen Einzelpersonen/Familien zwecks Eigentums- und damit Unabhänigkeitsbildung eindeutig in der Zuteilung/Verkauf bevorzugt werden. Das muss ohne

    Trittbrettfahrer wie Projektentwickler oder sonstige

    Immobilienhaie laufern. Alle flankierenden

    Gesetze müssen dahingehend geändert werden.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...ja, Eigentum für alle statt Mietwohnung, genau DAS sollte das Ziel sein.

  • Oh ein Bund der sein Geld damit verdient, dass Mieter im Mitglied sind hat ein Problem damit, wenn man Leuten eher Eigentum ermöglichen will anstatt ihre Miete zu subventionieren..

     

    Das natürlich nun überraschend und natürlich auch ein tolles Argument.... ist glatt so, als würde der Bäcker dafür werben, dass man Brötchen anstatt Müsli zum Frühstück isst...muss daran liegen, dass Brötchen gesünder sind.

  • Ob die Empfänger der Förderung Kommunen sind, Kirchen oder einzelne Familien, die den neu geschaffenen Wohnraum selbst nutzen, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, ob die Förderung dauerhaft (!) an den None-profit-Gedanken gekoppelt werden kann.

     

    Eine „Miete unterhalb der örtlichen Vergleichsmiete“ kann immer noch zu hoch sein. Vor allem in den attraktiven Ballungszentren reicht es nicht, auf Vergleichsmieten abzustellen. Wenn die Herstellungskosten nicht unter einem bestimmten Quadratmeterpreis liegen müssen, zugleich eine gewisse Qualität gefordert ist, eine Vermietung auf die Zielgruppe beschränkt bleibt und der Verkauf auf absehbare Zeit verboten wird, werden sämtliche Fördermittelempfänger früher oder später versuchen, den mühsam herbeisubventionierten Wohnraum doch noch zu (mehr) Geld zu machen. Wir leben schließlich im Kapitalismus. Vor allem für die Ballungsräume könnte der Fördereffekt also ziemlich schnell wieder "verpuffen", wenn die Erfahrungen, die seit Jahrzehnten gemacht wurden, nicht berücksichtigt werden.

     

    Übrigens: Dass moderne Nomaden lieber in geförderten Mietwohnungen leben wollen als in selber finanzierten Häusern, verstehe ich. Dass nicht jeder dauerhaft nomadisieren möchte, verstehe ich aber auch. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse. Dass die einen besser wären als die anderen, glaube ich einfach nicht.

  • "Der Bestand an billigen Wohnungen lässt sich nicht ohne staatliche Förderung erhöhen."

     

    Nein. Staatliche Förderung ist Umverteilung zu Gunsten der Eigentümer. Das Problem ist nicht zu wenig Wohnraum sondern die Verteilung von Wohnraum. Wir brauchen eine Wohnraumsteuer, mit welcher die Nutzung von besonders viel Wohnraum verteuert wird.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @A. Müllermilch:

      Wird nicht kommen, weil die Großwohnraumnutzer sind entweder Kosnumenten (bspw. Reiche Deutsche, Scheichs und Oligarchen in München) oder Manager, etc. wichtig für die Gewerbesteuer.

      Die Lösung ist das man Geld ausgibt Land kauft und Wohnugen baut. Dann hat man aber weniger Geld für Steuersenkungen und Armee (Rechtes politisches Spektrum) oder Sozialausgaben und Bürokratieausbau (linkes Spektrum), Wählerstimmen gewinnen sie damit nicht, allein schon weil so etwas viel Kostet die wirkung für den durchschnittsbürger aber länger dauert.

      Das andere Problem ist es können nicht alle in der Berliner Innenstadt wohnen, warum man in Zeiten vom Internet nicht mehr auf Dezentralisierung und Klein und Mittelgroße Städte setzt entzieht sich mir.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @83379 (Profil gelöscht):

        Frage: Wieso können nur Reiche in der Berliner Innenstadt wohnen?

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @81331 (Profil gelöscht):

          Es war eine Antwort auf die Forderung nach einer Wohnraumsteuer, das liefe konträr zu den Interesse der Gemeinden.

          Der Staat muss sich finanzieren und demenstprechend wird er immer in gewissen Punkten denen entgegenkommen die Geld bringen.

        • @81331 (Profil gelöscht):

          Weil es kein Grundrecht auf Wohnen im Szeneviertel gibt.

  • 40% haben Wohneigentum. Wer denkt, dass hierzulande Politik für einen größeren Anteil der Bevölkerung gemacht wird, dem ist nicht zu helfen.