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Kommentar Geld für die BundeswehrDer Kalte Krieg ist längst vorbei

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Die Bundesregierung sollte nicht einfach mehr Geld fürs Militär fordern. Ein kritischer Blick auf die Bedürfnisse der Bundeswehr wäre besser.

Armer kleiner Panzer, geht es dir nicht gut? Kann mehr Geld helfen? Foto: dpa

M it der Bundeswehr meint es diese Große Koalition gut: Sie bekommt mehr von allem. Mehr Personal, mehr Ausrüstung, mehr Waffen und für all das mehr Geld. 6 Milliarden Euro zusätzlich in den nächsten vier Jahren sieht der Plan von Finanzminister Olaf Scholz vor. 12 Milliarden Euro zusätzlich fordert Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Um die konkrete Summe wird die Koalition noch lange ringen, ab dem Herbst auf fundierterer Grundlage als bisher: Dann will von der Leyen das neue Fähigkeitsprofil der Bundeswehr vorstellen – ein Dokument also, das festlegen soll, welche Ausstattung die Armee braucht, um ihre Aufgaben zu erfüllen.

Im Idealfall wird in dem Papier aber nicht nur stehen, was die Bundeswehr­ braucht. Für eine seriöse Debatte sollte sich die Regierung dem Thema auch von der anderen Seite nähern und fragen: Was braucht die Bundeswehr nicht?

Nehmen wir die Landes- und Bündnisverteidigung: Nach dem Ende des Kalten Kriegs war sie fürs Erste überflüssig – es stand schließlich kein Feind mehr vor der Tür. Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine denkt die Bundesregierung aber um und will die Bundeswehr wieder für einen russischen Angriff rüsten. Mit Blick auf die Außenpolitik des Kreml ist das legitim. So bedrohlich wie vor 1990 ist die Lage für Deutschland und die Nato trotzdem nicht.

Die russische Armee demonstriert in Syrien und der Ukraine zwar, wozu sie in der Lage ist. Trotzdem sind ihre Fähigkeiten begrenzt. Das zeigen schon die Militärausgaben, die 2017 in Russland nur 66,1 Milliarden Dollar betrugen. Zum Vergleich: Allein die drei wichtigsten europäischen Nato-Staaten (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) gaben zusammen 149,3 Milliarden aus.

Für Panzerschlachten in der norddeutschen Tiefebene muss sich die Nato heutzutage nicht mehr wappnen

Für Panzerschlachten in der norddeutschen Tiefebene muss sich die Nato nicht mehr wappnen. Wenn überhaupt, droht Gefahr an Schwachpunk­ten im Osten wie zum Beispiel in den baltischen Staaten. Was dort hilft? Am ehesten das, was die Nato seit zwei Jahren mit deutscher Unterstützung­ sowieso schon macht: Kleinere Einhei­ten aus anderen Mitgliedsstaaten stationieren – Abschreckung mit überschaubarem Eskalationspotenzial. Dafür braucht die Bundeswehr funktionierende Ausrüstung, die natürlich Geld kostet, aber eben keine massive Aufrüstung mit riesiger Kampfpanzerflotte wie im Kalten Krieg.

Aufgaben der Bundeswehr eingrenzen

Ähnlich sieht es bei den Auslands­einsätzen aus: Die Bundesrepublik muss auch in Zukunft nicht bei jedem militärischem Abenteuer der Partnerstaaten mitmachen. An misslungenen Interventionen wie im Irak und in Libyen hat sich die Bundeswehr nicht beteiligt, im Nachhinein hat sich das als richtig herausgestellt.

Für sinnvolle und rechtmäßige Auslands­einsätze, vor allem solche unter UN-Mandat, sollte die Bundeswehr zwar ausreichend ausgerüstet sein. Auch dafür ist funktionierende Ausstattung nötig, die natürlich Geld kostet. Die Zahl solcher Einsätze wird aber auf absehbare Zeit begrenzt bleiben – und damit auch die Menge des tatsächlich benötigten Materials.

taz am wochenende

Zum 200. Geburtstag des großen Ökonomen, Denkrevolutionärs und Genussmenschen: Eine Sonderausgabe zu Karl Marx, mit 12 Seiten – in der taz am wochenende vom 5./6.Mai 2018. Außerdem: Vor einem Jahr zog "En Marche" ins französische Parlament ein. Die Partei wollte Bürger stärker an der repräsentativen Demokratie beteiligen. Haben die Partei und Emmanuel Macron ihr Versprechen erfüllt? Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Womöglich könnte die Regierung die Bundeswehr schon mit dem vorhandenen Geld angemessen ausstatten: Indem sie die Aufgaben der Bundeswehr tatsächlich eingrenzt, statt künftig überall dabei sein zu wollen. Indem sie – wie bereits geplant – in Zukunft stärker mit den europäischen Partnern kooperiert, sich auf bestimmte Fähigkeiten konzentriert, andere Fähigkeiten den Nachbarstaaten überlässt oder bei Waffenkäufen zusammenlegt. Und indem sie ihr Beschaffungswesen weiter reformiert und dadurch weniger Geld verpulvert.

Vielleicht würden auch all diese Schritte noch nicht ausreichen. Vielleicht braucht die Bundeswehr tatsächlich mehr Geld, entweder für einige Jahre oder sogar dauerhaft. Vielleicht könnte die Bundesregierung das den Bürgern sogar vermitteln. Das schafft sie aber nicht, indem sie einfach nur nach mehr ruft.

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Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
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4 Kommentare

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  • Wenn von 125 Eurofightern nur 4 einsatzfähig sind, wie der Spiegel berichtet hat, liegt das Problem der Bundeswehr wohl weniger in ihrer zu geringen finanziellen Ausstattung.

    • @EricB:

      Hinzu kommt, daß D. bei der NATO 82 einsatzbereite Flugzeuge gemeldet hat (was schlicht nicht der Wahrheit entspricht). Desweiteren ist Keines der 6 U-Boote einsatzfähig.

  • Am liebsten wäre mir, wir hätten die ganze Armeescheiße nicht. Aber mit der Abschaffung der Feuerwehr läßt sich eben auch die Gefahr von Bränden nicht abwenden. Wenn wir dann aber schon eine Armee haben wollen oder müssen, sollten wir das auch richtig machen, sonst wäre das überflüssig. Ich kann es kaum glauben: Stimmt das, das für ganz Deutschland nicht mal 250 Panzer da sind? Für Schleswig-Holstein würde das im Kriegsfall bedeuten, daß 5 Panzer in Flensburg stehen, 5 in Kiel und 5 in Lübeck ? Na, da wird der Feind sich aber fürchten. Das ist doch im ganzen gesehen lächerlich. Ich lese wir haben 8 (!) U-Boote, nicht 80 oder 800. Und von denen funkioniert nicht mal ein einziges. Und in dem Stil geht es weiter, quer durch alle Bereiche. Also so ist das doch alles großer Blödsinn. Dann brauchen wir das alles auch wirklich nicht. Und was haben eigentlich unsere Soldaten in der Welt da draußen zu tun ? Alle zurückholen. Die Amis sollen ihre Kriege gefälligst alleine führen.

  • Wenn wir schon (als NATO) etwa acht Mal mehr ausgeben als der erklärte Feind Russland, bräuchten wir doch keine Angst haben. Rüstung dient der Rüstungsindustrie, darum geht es.