Kommentar Fusion Edeka Tengelmann: Gabriels Kurzschluss
Er wolle die Arbeitsplätze retten, beteuert Sigmar Gabriel immer wieder. Eine Fusion von Edeka und Tengelmann kann das aber nicht leisten.
S igmar Gabriel möchte weiterhin, dass Edeka alle Tengelmann-Filialen übernimmt. Andernfalls seien 8.000 Arbeitsplätze bedroht, betonte der Wirtschaftsminister am Mittwoch erneut. Gabriel ignoriert dabei jedoch, warum die Arbeitsplätze gefährdet sind: Viele Tengelmann-Filialen fahren seit Jahren Verluste ein. Da hilft auch keine Ministererlaubnis.
Und der Preis für das „Retten“ der Arbeitsplätze wäre hoch. Monopolkommission und Bundeskartellamt befürchten Preissteigerungen für den Verbraucher durch die Fusion und lehnen sie ab. Doch Gabriel wischte die Bedenken vom Tisch – der Erhalt der Arbeitsplätze müsse Vorrang haben, weil er dem Allgemeinwohl diene.
Die Bedingungen der Ministererlaubnis sollen den Erhalt der Jobs garantieren. Die Arbeitsplätze bei Tengelmann dürfen demnach nicht abgebaut werden – zumindest fünf Jahre lang. Nach Einschätzung der Monopolkommission wird Edeka aber zahlreiche MitarbeiterInnen entlassen müssen, um das Filialnetz profitabel zu machen. Am Ende könnten dann Edeka-Mitarbeiter, die das Pech haben, dass in ihrer Nähe eine Tengelmann-Filiale mit geschützten Mitarbeitern liegt, stattdessen eine Kündigung bekommen.
Der ehemalige Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer, der aus Protest gegen Gabriels Ministererlaubnis zurückgetreten ist, betonte jetzt erneut, dass eine Fusion mit Edeka nicht mehr Arbeitsplätze erhalten könnte als eine Zerschlagung.
Kommt es zur Fusion, wird sich Sigmar Gabriel trotzdem als Retter aller 16.000 Arbeitsplätze feiern. Positive Schlagzeilen kann der SPD-Vorsitzende dringend gebrauchen. Ein Verlustgeschäft wird auf Dauer jedoch kein Unternehmen halten. Ob die Arbeitsplätze jetzt oder in fünf Jahren verloren gehen, mag für die Betroffenen einen schönen Aufschub bedeuten. Für das gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Allgemeinwohl aber, mit dem Gabriel argumentiert, macht es keinen Unterschied.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“