Kommentar Freispruch für Asia Bibi: Wandel in Pakistan unwahrscheinlich
Das Oberste Gericht hat den Freispruch der zum Tode verurteilten Christin bestätigt. Religiöse Minderheiten werden aber weiterhin verfolgt.
E s ist gut, dass es hin und wieder positive Nachrichten aus Pakistan gibt. Der Freispruch für die wegen Blasphemie zum Tode verurteilte Christin Asia Bibi und die Bestätigung des Urteils durch das Oberste Gericht in Islamabad vom Dienstag gehören dazu.
Am Mittwoch ist die Mutter von fünf Kindern, die mehr als acht Jahre unschuldig in der Todeszelle gesessen hat, vermutlich bereits in Kanada, dem Land, das ihr und ihrer Familie Asyl angeboten hat. Ihre zwei Töchter hatten bereits in der vergangenen Woche Pakistan verlassen. Die Familie ist zu Hause noch immer in Gefahr, von extremistischen Fanatikern – allen voran die von der Partei Tehreek-e-Labbaik Pakistan (TLP) – ermordet zu werden. Diese Fanatiker waren gegen den späten Freispruch Sturm gelaufen.
Pakistan ist bekannt dafür, Extremisten als Stellvertreterkrieger einzusetzen, doch die TLP war in den vergangenen Monaten zu weit gegangen. Ihr Vizechef Afzal Qadri hatte zum Sturz der Regierung, des Obersten Gerichts und sogar des mächtigen Armeechefs General Bajwa aufgerufen. Nun drohen ihm und weiteren TLP-Mitgliedern Anklagen wegen Terrorismus und Volksverhetzung. Das belegt einmal mehr, dass der pakistanische Staat, wenn die Armee denn will, ohne Weiteres gegen Extremisten durchgreifen kann.
Angesichts einer katastrophalen Wirtschaftslage und des Drucks der USA, mit den Taliban in Afghanistan eine Einigung zu erzielen, kann Islamabad Amok laufende Fanatiker im eigenen Land derzeit nur schlecht gebrauchen. Bereits im vergangenen Jahr hatte Pakistan den Taliban-Führer Abdul Ghani Baradar aus dem Gefängnis entlassen, jetzt nimmt dieser an den afghanischen Friedensgesprächen mit US-Botschafter Zalmay Khalilzad teil.
Dass all dies eine dauerhafte Politikänderung nach sich ziehen könnte, die langfristig auch den Minderheiten in Pakistan die von Staatsgründer Muhammad Ali Jinnah versprochene Religionsfreiheit und ein Leben in Würde gewährt, ist eher unwahrscheinlich. Dazu ist die Saat des Fanatismus zu breit gestreut – und wohl auch eine allzu günstige politische Währung.
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