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Kommentar FreihandelsabkommenDer Bürger als Gefahr

Kommentar von Svenja Bergt

Deutschland will die Offenlegung des Verhandlungsmandats vermeiden. Diese Haltung offenbart Abgründe im Demokratieverständnis.

Auch um Hähnchen geht es beim Freihandelsabkommen zwischen EU und USA. Andere Themen bleiben im Dunkeln. Bild: dpa

D ie Begründung hätte scheinheiliger kaum sein können: Das europäische Verhandlungsmandat für ein Freihandelsabkommen mit den USA sollte nicht veröffentlicht werden, weil die Verhandlungspartner sonst die Strategie der Europäer kennen – und sich entsprechend darauf einstellen können. So die ursprüngliche Argumentation der EU-Kommission.

Das ist natürlich Quatsch. Spätestens seitdem bekannt geworden ist, dass die NSA die Kommunikation auch in Europa umfassend überwacht, und die Geheimdienste sogar EU-Büros verwanzt haben sollen, ist klar: Das EU-Mandat wird kein Geheimnis für die US-amerikanischen Unterhändler sein. Länder wie Frankreich sehen das mittlerweile ein und sprechen sich für eine Veröffentlichung aus. Es könnte also tatsächlich die notwendige Transparenz geben – schlüge sich Deutschland nicht auf die Seite der Veröffentlichungsgegner.

Diese Haltung offenbart Abgründe im Demokratieverständnis der deutschen Regierung. Da verhandeln Politiker über Belange der Bevölkerung – und die soll völlig außen vor bleiben. Weil jemandem auffallen könnte, dass das Mandat mehr Vorteile für die Wirtschaft bringt als für die Verbraucher. Oder weil in dem Abkommen später mehr Zugeständnisse stehen als in der ursprünglichen Verhandlungsgrundlage.

Das Mandat für das Freihandelsabkommen ist dabei nur die Spitze eines Eisbergs. Dass Verträge der öffentlichen Hand mit Privatunternehmen unter Verschluss bleiben ist genauso die Regel, wie langwierige und teure Auskunftsersuchen bei Behörden. Der Bürger ist gefährlich, also gibt man ihm im Zweifelsfall lieber keine Information. Genau dieser Bürger soll sich anderswo dann aber mündig verhalten. Auch diese Haltung ist scheinheilig.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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4 Kommentare

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  • B
    Überwacher

    Der mündige Bürger ist doch eine Idee des Anarchismus!

  • TM
    Timor Miscevic

    es erinnert mich alles an die Geschichte der Veröffentlichungsversuche bei den

    EU Agrar Subventionen vor Jahren

    dort stellte sich Deutschland auch quer

    Argumentation war : Industriespionage leichtgemacht

    als dann alles raus war zeigte sich das Ungleichgewicht der verteilten Subventionen

  • G
    Green

    Als Mitglied des German Marshall Fund könnte uns Herr Özdemir hier sicherlich einiges aus dem Nähkästchen erzählen.

  • D
    dave

    Würde alles öffentlich diskutiert werden könnte man auch gleich öffentlcih abstimmen z.B. über das Asylrecht, Steuerrecht und Krieg und Frieden. Das würde aber das Interesse des Bürgers an Politik wecken und außerdem nicht zu Ergebnissen führen mit denen die Parteien egal ob schwarz, rot, gelb oder grün ihre Klientel bedienen. Deshalb wird das nicht kommen.