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Kommentar Freies WLANLukrative Restriktionen

Kommentar von Svenja Bergt

Die Ideen der Bundesregierung sind ganz im Sinne der Industrie. Das Anbieten von WLANs wird so eingeschränkt, dass viele eher davon absehen werden.

Überall Wireless klingt schon fast utopisch. Bild: dpa

E in merkwürdiger Zufall: Ausgerechnet jetzt arbeitet die Bundesregierung an einer Gesetzesänderung, die offene WLANs betrifft – und die eigentlich für vergangenes Jahr angekündigt worden war. Merkwürdig, denn: In den letzten Monaten gab es ein paar Urteile, die die Urheberrechtsindustrie aufgeschreckt haben, weil sie auch Privatanbieter von offenen WLANs aus der Haftung nehmen. Wenn da mal nicht eine gute Portion Lobbyismus helfen soll, ein Gesetz zu schaffen, bevor noch mehr Richter unliebsame Entscheidungen fällen.

Denn das, was aus dem Wirtschaftsministerium durchsickert, ist ganz im Sinne der Industrie. Möglichst restriktive Regelungen für das Anbieten von WLANs, so restriktiv, dass viele wohl davon absehen werden – und die WLAN-Dichte in Deutschland von „knapp vor Japan“ auf „weit hinter China“ sinken dürfte. Viel Luft nach unten bleibt dann nicht.

Doch es ist überhaupt nicht bewiesen, dass unverschlüsselte WLANs die Zahl der Rechtsverstöße erhöhen. Wer die Geschwindigkeit eines durchschnittlichen WLANs kennt, kann sich ausrechnen, wie lange man vor einem Haus herumlungern müsste, um etwa einen Film herunterzuladen. Die Kleinen zu verfolgen ist lediglich der Weg des geringsten Widerstands. Und er ist lukrativ: Mit Abmahnungen und Schadenersatzforderungen lässt sich so manche wirtschaftliche Existenz sanieren.

Dabei wäre es überhaupt nicht utopisch, die Verursacher ins Visier zu nehmen, die, die illegale Inhalte tatsächlich ins Netz stellen. Bei Kinderpornografie klappt das gut. Laut Bundesregierung sind beanstandete Inhalte spätestens nach wenigen Wochen gelöscht – auch im Ausland. Restriktionen beim Internet-Zugang? Kein Thema mehr. Das zeigt, was möglich ist. Statt neue Hürden aufzustellen, sollten sie daher auch beim offenen WLAN endlich fallen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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1 Kommentar

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  • Solange Sigmar Trojaner Gabriel im Amt ist, haben wir Schlimmes zu befürchten. Der Mann ohne Rückgrat lässt sich alle Gesetzte von interessierter Seite schreiben. In anderen Ländern geht es um das Bruttosozialglück. Jedes Jahr wird geschaut, ob das Leben etwas angenehmer geworden ist. Seit 1989 ist hierzulande wenig besser geworden. Der Bürger steht unter Generalverdacht. Dienste dürfen mitlesen, was sie wollen, Investoren wird Vertraulichkeit garantiert. Wen interessiert, wer gegen Copyright verstößt? Wichtig ist, dass die Industrie rechtet. Wir sollten lernen, dass es 'die das oben' gibt und alle anderen machtlos. Das Symbol, das Exempel zählt, nicht die eingetriebenen Lizenzgebühren.