Kommentar Frauen und die Wahl: Weiblicher Konservativismus
Die Regierung Merkel hat der Opposition geschickt fast alle Emanzipationsthemen geklaut. Genug Themen für eine neue CDU-Familienministerin gibt's trotzdem.
E in ungewohntes Bild am Sonntag in der „Elefantenrunde“ im Fernsehen: Auf der einen Seite sitzen Angela Merkel und Gerda Hasselfeldt von der Union, ihnen gegenüber der Grüne Jürgen Trittin, Bernd Riexinger von der Linkspartei und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.
Das ist neu: Die konservative Union, die mehrheitlich gegen die Frauenquote ist, Ehegattensplitting und das für Frauen und Kinder rückständige Betreuungsgeld hochhält, ist mit den beiden Politikerinnen komplett weiblich aufgestellt. Die Opposition dagegen, die mit der Forderung nach Geschlechtergleichstellung ein klassisch linkes Thema besetzt, schickt nur Männer.
Zusätzlich haben mehr Frauen als Männer der CDU ihre Stimme gegeben. Macht sich Emanzipation heute nicht mehr an den klassischen Trennlinien Links-Rechts sowie Frau-Mann fest? Ist die CDU inzwischen geschlechterpolitisch moderner als ihre politische Konkurrenz? Oder waren die Frauen von SPD, Grüne und Linke zumindest am Sonntagabend schlau genug, nicht öffentlich die Verliererrolle einzunehmen?
Die Regierung Merkel hat das geschickt angestellt: Über Jahre hinweg hat sie der Opposition fast alle Emanzipationsthemen geklaut: Kitarechtsanspruch, Vätermonate, Erziehungsgeld – hat Ursula von der Leyen in ihrer Zeit als Familienministerin durchgesetzt.
Bleibt damit für die Opposition nichts mehr zu tun? Kaum. Da wäre noch das vermaledeite Ehegattensplitting, das dringend reformiert gehört. Es gibt noch immer keine große Teilzeit, die Mütter als auch Väter favorisieren. Aber vielleicht gibt es ja in Kürze eine CDU-Familienministerin, die sich auch dieser Themen annimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin