Kommentar Frankreich: Déjà-vu in der Banlieue
Die Szenen aus der Banlieue 2007 sind heftiger als 2005. Die Probleme der Vorstädte sind spätestens seit damals weltweit bekannt. Geändert hat sich nichts.
Z wei Jahre nach den spektakulären Vorort-Ausschreitungen kommt Frankreich erneut mit Bildern von brennenden Autos und Büchereien in die Schlagzeilen. Mit nächtlichen Straßenkämpfen zwischen Polizisten und Jugendlichen. Und mit verängstigten Anwohnern, die nicht glauben wollen, was sich auf ihren Straßen und in ihren Wohnvierteln abspielt.
Die Szenen aus der Banlieue 2007 sind ein Déjà-vu des Herbstes 2005. Zugleich sprechen sie für eine dramatische Eskalation. Denn anders als damals, als vor allem Autos und städtisches Mobiliar zu Bruch gingen, richtet sich die Gewalt heute von vornherein und gezielt gegen Menschen. Das zeigen die vielen Polizisten, die durch Schusswaffen verletzt wurden.
Die Probleme der französischen Vorstädte sind spätestens seit dem Herbst 2005 weltweit bekannt: Sie reichen von ethnischer und sozialer Diskriminierung und mangelnder Verkehrsanbindung bis hin zur Massenarbeitslosigkeit von Jugendlichen. Zwei Jahre danach hat sich fast nichts an diesen Missständen geändert. Und nichts an der Befindlichkeit ihrer Bewohner, die sich als Staatsbürger zweiter Klasse empfinden. Der einst vollmundig von der rechten Regierung versprochene "Marshallplan für die Banlieues" ist jedenfalls immer noch nicht fertig.
Der Mann, der als Innenminister eine Lösung versprach, ist heute Staatspräsident. Doch er scheint unfähig, etwas an dem permanenten sozialen und polizeilichen Ausnahmezustand zu ändern, in dem Frankreichs sieben Millionen Banlieues-Bewohner leben müssen. Als Innenminister versprach Nicolas Sarkozy einst, das "Gesindel wegzukärchern". Als Präsident hat er offenbar andere Prioritäten, als sich um die Problemzonen der Republik zu kümmern.
Kaum Präsident geworden, senkte er als Erstes die Steuern für Spitzenverdiener, schränkte das Streikrecht ein, verlängerte die Lebensarbeitszeit und erhöhte die Eigenbeteiligung bei der Gesundheitsversorgung. Diese Politik, die den sozial Benachteiligten des Landes den Rücken kehrt, rächt sich jetzt in Villiers-le-Bel und den Nachbargemeinden. Dort entlädt sich die Wut über die Missstände jetzt mit noch größerer Brutalität als vor zwei Jahren. Das ist der einzige Unterschied.
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