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Kommentar Fracking in PolenZeit kaufen für die Energiewende

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Es spricht einiges gegen das Fracking von Schiefergas. In Kohleländern wie Polen macht es aber mitunter auch Sinn – um Zeit für den Umstieg zu gewinnen.

Umstrittenes Verfahren: Eine Frackinanlage in Colorado. Bild: dpa

D a sage noch einer, Klimakonferenzen brächten keine Resultate! Keine Woche nach dem angeblich gescheiterten UN-Gipfel in Warschau verkündet die polnische Regierung, man werde jetzt ins „Fracking“ von Schiefergas einsteigen. Kohlegipfel, Konfrontation mit der EU, Sponsoring durch Kohle- und Ölkonzerne: Das Image des Klimasünders war den Polen ziemlich peinlich. Ob das mit dem polnischen Gasboom etwas wird, bleibt abzuwarten. Die Frage aber ist, ob Fracking der Klimapolitik hilft.

Die Antwort ist nicht so einfach. Die Öl- und Gaslobby (oft dieselben Konzerne, ExxonMobil, Chevron und Co) preist den Umstieg von Kohle zu Gas als Klimaschutz. Das stimmt. Sie verschweigt dabei aber gern, dass das Klimagift Methan aus den Frackinglöchern 26-mal so klimaschädlich ist wie CO2. Trotzdem würde unter dem Strich etwa die polnische Klimabilanz grüner, wenn mehr Gas und weniger Kohle verbrannt würde.

Gegen das Fracking spricht die Gefahr fürs Grundwasser. Berechtigt, wenn man in die USA sieht – aber beherrschbar, wie Jahrzehnte des unfallfreien Frackens in Deutschland zeigen. Verhindert billiges Gas nicht den Umstieg auf Erneuerbare und damit echten Klimaschutz? Ja, allerdings nur in Ländern wie Deutschland. Hier gibt es wenig Schiefergas, viel Widerstand und viele Erneuerbare. In Polen, China und den USA allerdings würde gefracktes Gas durchaus helfen, die Emissionen kurzfristig zu senken und Zeit zu gewinnen für den Umstieg.

Denn Wind und Sonne stehen da keineswegs vor dem Durchbruch. Wer die Klimaberichte liest, merkt: Wir müssen von den Emissionen runter, fast mit allen Mitteln. Fracking ist bisher ein Teil des Problems. Mit genügend Sorgfalt der Firmen und Aufmerksamkeit durch Kritiker könnte es in Kohle- zu Gasländern zum Teil einer Zwischenlösung werden.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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12 Kommentare

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  • J
    jagenau

    Energiewende? So dumm sind nur die Deutschen. Es wird von Kohle auf Gas und Atom umgestellt, was vollkommen richtig ist.

  • G
    Gunner

    Wie soll denn bitte Fracking Zeit kaufen für eine Energiewende, wenn die methanemissionen zu hoch sind, dass jeglicher Klimavorteil zunichte gemacht wird?

    Es gibt im eurasischen Markt enüend konventionellesas, die nun entfallenden Importe der USA machen das Angebot noch großzügiger und unsere gasversorger ägern sich,dass sie ihre Langfrist-Verträge nicht mit geringeren Preisen nachverhandeln können.

     

    Kurzum - mehr als reichlich konventionelles Gas verfügbar, warum also es auf die mit Abstand schädlichste Weise gewinnen wollen?!

     

    Selbst bei illusorisch 100% korekter, dichter Ausführung bleibt immer noch der erheblich größere aufwand an für Bohrung und Frac aufzubringender Energie, da die Fördermengen einer einzelnen Schiefergasbohrung aus der eingen Durchlässigkeit folgend um Größenordnungen unter denen hekrömmlicher Borungen liegt

  • SS
    so so

    für die linken ist doch eh alles supersupertoll was in polen stattfindet. Der artikel ist komplett wertlos

  • Keine Unfälle in Deutschland? seit 2008 sind mehrere Fälle in Niedersachsen dokumentiert, wo durch undichte Pipelines und Oberflächenverseuchung Quecksilber und Benzol im Boden versickert sind. Damit hat sich auch der niedersächsische Landtag beschäftigt. In Wittorf in der Nähe eines Endlagers für verseuchtes Förderwasser trat Tiefenmethan aus Grundwasserbrunnen und Menschen erkrankten u.a. an hirnorganischen Veränderungen, die ständiges Muskelzittern bewirken. Ursache hierfür ist die Aufnahme toxischer Stoffe, die bei der Verpressung des Lagerstättenwassers freigesetzt werden.Das war dem Umweltredakteur nicht bekannt?

  • D
    dondolo

    Warum nicht durch Fracking Energie gewinnen? Wenn man abseits der Anti-Fracking-Lobbyisten recherchiert, dann kommt man genau auf 2 Unfälle durch Fracking in den USA. Welchen Sinn macht es, Öl und Gas im Erdboden zu lassen und darauf zu warten, bis es irgendwann unkontrolliert seinen Weg nach oben findet?

    • @dondolo:

      Ein Experte für Geologie scheinen Sie jedenfalls nicht zu sein. "...bis es irgendwann unkontrolliert seinen Weg nach oben findet" Das war als Witz gemeint, oder?

  • Warum nicht auch die Kernenergie als Zwischenlösung? Atomindustrie und ANGA (american natural gas alliance)beschäftigen dieselben PR Firmen,und geben Millionen USD aus, um sich als Co2 freundliche Lösungen anzubieten. Die PR Firma Hill&Knowlton führte die Kampagne der US Tabakindustrie,die Krebserkrankungen durch Rauchen vertuschen sollte, und erfand die Lügengeschichte der ermordeten kuwaitischen Säuglinge durch die irakische Armee. Bei einer Frack-Bohrung werden bis zu 40 mio Liter Trinkwasser dem öffentlichen Bedarf und kontaminiert (Ceres Studie).Die Brustkrebsrate in Frackgebieten in Texas ist um 20% gestiegen (Texas Cancer Registry). Und wird Co2 gespart? Laut IEA sind die Co2 Emissionen der USA seit Fracking um 1, 4% gestiegen.Und laut IEA wird die eingesparte Kohle dann halt woander verstromt.Schade, dass der Autor der PR da auf den Leim gegangen ist.

  • D
    Dan

    Das gleiche gilt für Atomkraft. Nein, nein, das ist kein Umwelt- und Klimaschutz sondern eine weitere Zementierung auf eine fossile Energieversorgung!

  • Frage an den Autor: Wo wird in Deutschland seit Jahrzehnten gefrackt? Meine kurze Internetrecherche hat ganze Null Ergebnisse gebracht. Bitte um Link!

     

    Und, nein, es macht überhaupt keinen Sinn, statt auf erneuerbare Energiequellen auf Fracking zu setzen. Auch in Polen nicht. Wie wäre es, wenn man dort das Geld statt in Erkundungsbohrungen und ggf. Anlagen für Fracking direkt in zukunftsträchtigere Energiegewinnungsformen investiert.

     

    Wasser werden wir Menschen benötigen, egal ob es keinen Klimawandel gibt oder die Temperatur um 2°C oder 5°C oder sonst etwas ansteigt. Deshalb sollte man es tunlichst unterlassen, mit dem Grundwasser zu spielen und es zu riskieren. Grundwasser ist zwar im Gegensatz zu Öl, Gas etc. quasi regenerativ durch Grundwasserneubildung, aber ist ein Grundwasserleiter erst mal zerstört oder nachhaltig vergiftet, wie es durch Fracking durchaus möglich ist, oder gar abgebaggert (siehe Braunkohletagebau), dann gibt es kein Zurück mehr. Nachdem wir nun unseren Nachfahren jede Menge problematische Abfälle (nicht nur jene aus AKWs) hinterlassen, möglichst viele Ressourcen bis zum letzten Ausbeuten um ihnen nichts zu hinterlassen, sollten wir wenigstens bei Luft und Wasser an die Zukunft denken. Ohne geht menschliches Leben einfach nicht, auch nicht bei jedem herbeigeträumten technischen Fortschritt.

    • G
      Gunner
      @anteater:

      Moin,

       

      es gibt durchaus seit Jahzehnten Frac-Behandungen in Deutschland. Allerdings in konventionelen und sogenannten Tightgas-Lagerstätten.Bis auf Exxon versuchen sich jedoch die Föderuntenehmen davon zu distanzieren, das mal eben auf Schiefergasvorkommen zu übertragen.

       

      Die Unterschiede:

      Aktuelle Shiefergasvorhaben: gut 1000mTiefe.

      TightGas ~4000m

      Schiefergas oberhalb der mehr oder minder plastischen udn damit selbstdichtenden Salzbarrieren, bisherige Fracs i.d.R. darunter;

      Einpessvolumen letzter Frac (2011): 1 x gut 200 m³ - Schiefergasprojekte 10-15 x 3000-5000 m³;

      Fracfluide imSchiefer deutlich dünnflüssiger;

      konventionelle und tightgas-Lagerstätten bildeten sich durch Sammlung aufsteigendes Gases unter abdichtenden Glocken, da ist die Dichtheit der ersten Deckschicht belegt. Schiefergas hinggen wird aus dem Muttergestein selbst gwonnen, wo es jedoch seit der Bildung fest eingeschlossen war, somit kein natürlicher Dichtheitsbeweis.

       

      Aktuell haben wir jährlich etwa 40 Bohrungen, die meisten davon zur Ölförderung. Bleiben vielleicht 10 Gasbohrungen. Guckt man auf typische Schiefergas-Förderraten bräuchten wir nur um die jetzige Inlandsförderquote von läppischen 10% zu halten künftig mehrere hundert bist tausende Bohrungen, die jede für sich ein deutliches Risiko darstllt - und jede das Problem des Langzeit-Verschusses nach der Förderung aufwirft, denn i.d.R. überdaurn die Verfüllungen bestenfalls Jahrehnte.

  • K
    kea

    Sehr geehrter Herr Pötter, ihr Kommentar liest sich wie ein Lobby-Eintrag. Bitte schauen Sie sich zu dem Thema den polnischen Dokumentarfilm "Gas Fieber" von Lech Kowalski an.

    "...aber beherrschbar, wie Jahrzehnte des unfallfreien Frackens in Deutschland zeigen". Wer behauptet das? Angesichts der Geheimniskrämerei der Energiekonzerne zu diesem Thema und der politischen Verstrickungen mit eben jenen Unternehmen sehe ich nicht, welche unabhängige Untersuchung dies bestätigt haben könnte. Wahrscheinlich so sicher wie der Atommüll in der Asse...

  • W
    Wolfgang

    Und die sozialen und ökologischen Folgen und Kosten? (!)

     

    Die menschliche Dummheit kennt keine Grenzen!