Kommentar Fracking-Gesetz: Eine überaus hilfreiche Blamage
Das Fracking-Gesetz ist gescheitert. Gut so, wenigstens kommt jetzt kein halbherziges Gesetz noch vor der Wahl.
F ür die Bundesregierung ist es eine gewaltige Blamage. Sie ist mal wieder handlungsunfähig. Und zwar bei einem Thema, das wirklich viele Menschen mit Sorge erfüllt: die umstrittene Erdgasförderung unter massivem Chemikalieneinsatz, die als „Fracking“ bekannt ist. Immer wieder hatte die Regierung eine Regelung zugesagt, zuletzt im Zehn-Punkte-Programm von Umweltminister Peter Altmaier. Nun ist klar: Daraus wird vor der Wahl nichts mehr.
Gescheitert ist das Gesetz nicht etwa, wie Altmaier nun insinuiert, am Widerstand der Opposition, deren Mitwirkung im Bundesrat notwendig gewesen wäre. Gescheitert ist es an den fundamentalen Widersprüchen innerhalb der Regierungskoalition selbst. Die FDP und der Wirtschaftsflügel der Union wollten - unter dem Druck der Industrie und in der Hoffnung auf niedrigere Energiepreise - ein Gesetz, das Fracking möglichst weitgehend ermöglicht.
Die Mehrheit der Union - vor allem die Abgeordneten aus den Regionen, die für Fracking in Frage kommen, wollte hingegen ein Gesetz, dass die umstrittene Technik möglichst stark beschränkt oder am besten zunächst ganz verbietet. Zwischen diesen beiden Positionen war eine Einigung schlicht nicht möglich.
ist Parlamentsredakteur der taz mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Umwelt. Er twittert unter @MKreutzfeldt.
So peinlich diese Handlungsunfähigkeit für die Regierung ist - in der Sache ist es gut, dass zunächst kein halbherziges Gesetz kommt. Formal bleibt Fracking damit zwar erlaubt. Faktisch werden die Unternehmen aber - wie bisher schon - angesichts der unsicheren Rechtslage und des massiven öffentlichen Widerstands auf die Nutzung verzichten.
Nach der Wahl kann eine neue Regierung dann in Ruhe ein besseres Gesetz schaffen. Und vielleicht auch die jüngsten Erkenntnisse berücksichtigen, dass Deutschland die umstrittene Technik schlicht nicht braucht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden