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Kommentar Folter in der TürkeiFalsche Zurückhaltung

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Die Folter in der Türkei ist zurück. Die EU muss darauf genauso entschieden reagieren wie auf die Debatte über die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Mit aller Härte: Seit dem gescheiterten Putsch im Juli gilt in der Türkei der Ausnahmezustand Foto: dpa

M it dem Bericht von Human Rights Watch bestätigt sich, was angesichts einzelner Meldungen und bekannt gewordenen Vorkommnisse bereits befürchtet wurde: Die Folter in der Türkei ist zurück.

Physisches und psychisches Leid zuzufügen war bis kurz nach der Jahrtausendwende vor allem im Umgang mit kurdischen Gefangenen an der Tagesordnung. Es ist ein frühes Verdienst der AKP und des heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gewesen, parallel zur Entspannung in den kurdischen Gebieten auch die Folter als Verhörpraxis der Polizei zu ächten.

Doch als der Friedensprozesses mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK abbrach, hat sich das Blatt schon Mitte des letzten Jahres gegenüber den Kurden gewendet. Und jetzt, nach dem Putschversuch vom 15. Juli, ist Folter offenbar gegenüber allen Untersuchungsgefangenen im Gewahrsam der Antiterrorpolizei wieder die Regel. Schläge, Schlafentzug, sexuelle Nötigung – all das wird wieder systematisch angewandt.

Die Regierung bestreitet die Vorwürfe und redet von einzelnen Verfehlungen. Sie ist bemüht, den Ausnahmezustand vor allem mit Verweis auf Frankreich als normale europäische Antiterrormaßnahme darzustellen. Der französische Außenminister, am Montag zu Besuch in Ankara, hat dagegen nur schwach protestiert. Das ist absolut zu wenig. Die EU und die einzelnen europäischen Länder müssen auf Folter genauso massiv reagieren wie auf die Debatte über die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Das kann aber nicht heißen, das Gespräch mit der türkischen Regierung abzubrechen. An diesem Punkt treffen sich derzeit fatalerweise Rechte und einige Linke, konkret CSU und Linkspartei. Die einen, weil sie die Türkei noch nie als EU-Mitglied wollten, die anderen aus echter Empörung. Aber Empörung nutzt nichts, wenn man keinen Druck machen kann. Und Druck ist nur möglich, wenn man im Gespräch bleibt und gegebenenfalls etwas zu bieten hat.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Betr.: verhinderte Ausreise eines dt. Wissenschaftlers aus der Tükei: http://www.deutschlandfunk.de/deutscher-wissenschaftler-in-der-tuerkei-festgesetzt-auf.680.de.html?dram:article_id=368898

     

    Sehr geehrter Herr Botschafter Erdmann,

     

    ich gehe davon aus, dass Sie sich mit dem Fall des dt. deutschen Soziologen Sharo Garip befasst haben. Er hat in den dt. Medien einige Aufmerksamkeit erlangt. In einer Sendung des DLF wurde darauf aufmerksam gemacht. Ich frage mich, warum 'sich - in dieser Angelegenheit - nichts getan' hat, wie es zu Beginn der Sendung heißt: ein Skandal, der m. M. nach nicht passieren dürfte. Ich bitte Sie höflichst, alles Notwendige in Gang zu setzen, damit Herr Garip ausreisen kann. Ein Friedensaufruf (Wortlaut des Aufrufs *) wird doch kein Grund für Sie sein, die Ansicht der türk. Regierung zu übernehmen und ihn bis zu einem Prozess die Ausreise zu verweigern. Ich stelle mir die Arbeit einer dt. Vertretung im Ausland, die sich für ihre Mitbürger einsetzen sollte, anders vor. Bekannt ist, dass viele türkische Wissenschaftler mit dem gleichen Vorwurf entlassen wurden und vor einem Prozess stehen… Sie haben für ihren Mut übrigens den ‚Aachener Friedenspreis‘ erhalten.* Wenn Sie im ’Fall Garip‘ anderer Ansicht sind, können Sie mich gerne eines Besseren belehren.

     

    * https://www.medico.de/internationaler-appell-16370/

    * http://www.aachener-zeitung.de/lokales/region/aachener-friedenspreis-an-tuerkische-wissenschaftler-1.1355353

  • Gegenüber der folternden Türkei hart bleiben?

    Aber nicht auf diesem Planeten und schon gar nicht Europa oder Deutschland!

    Die wollen doch nicht den Flüchtlingspakt riskieren, auch könnte Erdogan seine Anhänger in Deutschland mobilisieren und damit Demonstrationen auslösen.

    Unsere Politiker haben sich mit dem Flüchtlingspakt zu Erdogans Marionetten gemacht.

    Erdogan ist inzwischen so abgehoben, dass man ihn mit Putin und vielleicht später mit Trump in einen Topf werfen kann! Man sieht doch schon wie wenig gegen ihn unternommen wird, wenn man sich die Rüstungsexporte Deutschlands in die Türkei anschaut.

    Wir helfen dem Diktator noch bei seiner Umwandlung einer demokratischen Türkei in eine Diktatorische.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    "entschieden reagieren"

     

    Keine Panik, der Textbaustein wurde schon in Bewegung gesetzt.

  • Die Türkei kann doch eigentlich machen was sie will - es folgt immer nur das diplomatische Schweigen - vor allem der Bundeskanzlerin - längst sind wir Mittäter geworden!

    • @Georg Marder:

      Die Frage ist eigentlich was die Türkei noch so alles macht. Erdogan hat komplett den Bodenkontakt verloren.

       

      Der redet von so Sachen wie das osmanische Reich wieder zu errichten. Mossul, Aleppo und einige griechische Inseln sieht der ähnlich wie Hitler 1938 das Sudetenland.

      Aber Merkel braucht ja "Partner" um die Flüchtlinge auszusperren!