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Kommentar Flüchtlinge in UngarnNull Asyl ist das Ziel

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Ungarn wird künftig Asylbewerber internieren. Schon bald könnte das zum Standard im Umgang mit Flüchtlingen in Europa werden.

Ungarn: liebliche Landschaft, herzliche Menschen – an der Grenze zu Serbien Foto: dpa

U ngarn wird also künftig sich um Asyl Bewerbende ganz legal einsperren. „Nach außen hin offen“, wie es heißt, werden die Lager für die Internierten sein. Also Richtung Serbien, von wo sie auf ihrer langen Reise gekommen sind. Ein mit allem technologischen Klimbim ausgestatteter Zaun soll den bisherigen eisernen Vorhang nach Süden verstärken. Null Asyl ist das Ziel.

Schon vor bald zwei Jahren hatte Ungarn mit dem Bau des ersten Zaunes Erstaunen bis Empörung bei europäischen Partnern provoziert. Kein anderes Land bereitete sich mit derart drastischen Methoden auf einen Ansturm unerwünschter Fremder aus Nahost und Afghanistan vor. Flüchtlinge, die es ins Land geschafft hatten, blieben großteils unversorgt.

Die katastrophalen Zustände auf dem Westbahnhof von Budapest, wo Tausende vergeblich auf die Erlaubnis zur Weiterreise warteten, erzwangen dann den kurzen Sommer der Willkommenskultur in Österreich und Deutschland. Als der Strom dann nicht abreißen wollte, wurde auch in diesen Ländern schnell nachgerüstet. Verschämt erfand man harmlose Namen für neue Grenzbefestigungen. Selbst Angela Merkel, soll ja, wie jetzt bekannt wurde, mit dem Bau eines Zauns zu Österreich kokettiert haben.

In Österreich und Bayern versuchen einander inzwischen die politischen Entscheidungsträger mit immer neuen Zwangsmaßnahmen gegen Flüchtlinge zu übertreffen: Obergrenzen, Streichen der Grundversorgung, Abschiebung in Kriegsgebiete.

Heute macht man sich noch lustig über den zweiten ungarischen Zaun, und der eine oder andere kritisiert die Internierung von Asylsuchenden. Doch es bedarf keiner großen hellseherischen Fähigkeiten, um vorauszusagen, dass das in Bälde in Europa Standard sein wird. Ungarn mit seiner geradezu paranoiden Abwehr von Fremdlingen ohne Kaufkraft ist den Nachbarn immer ein oder zwei Schritte voraus. Bald werden die anderen Länder folgen.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Es ist ja nicht der erste Grennzzaun an der EU-Außengrenze. Es gibt die spanischen Enklaven Ceuta und Melilla.

     

    Die Grenzzäune werden regelmäßig von Flüchtlingen - teilweise auch gewalttätig gestürmt.

     

    Ungarn ist also nicht schlimmer als Spanien. Und wir sind nicht besser als Ungarn, denn ein Einreisevisum nach d würde jedem Flüchtling den Grenzübertritt nach Ungarn ermöglichen. Wer das will, darf Steine auf Orban werfen. Alle anderen sollen schweigen.

  • Wenn die EU hier nicht entschlossen reagiert, können wir in der Tat bald auf sie verzichten.

  • Mal abwarten:

    Auch Ungarn könnte mit empfindlichen Abwertungen durch die Rating-Agenturen getroffen werden. Der Nazionale Orbanismus könnte von außen auch ganz effektiv ausgetrocknet werden.

    Wenn dann auch für das völkische Volk Brot und Butter knapp werden, könnte die Stimmung kippen.