Kommentar Flüchtende Kurden: Vormarsch der Dschihadisten
Der IS bedroht die kurdische Stadt Ain al-Arab in Syrien. Weil es sich bei den Flüchtlingen um PKK-Verbündete handelt, zögert die Türkei mit Hilfe.
E s war eine merkwürdige Koinzidenz zweier Ereignisse, die am Wochenende die Türkei aufwühlten. Während auf dem Flughafen in Ankara die Regierung die Befreiung von 46 türkischen Geiseln aus der Hand des sogenannten Islamischen Staates feierte, drängten zeitgleich Zehntausende syrische Kurden auf der Flucht vor den Truppen des IS auf die türkische Seite der Grenze. Tagelang hatte die türkische Armee die Flüchtlinge daran gehindert, sich in Sicherheit bringen zu können, bis endlich am Freitag die Grenze geöffnet wurde.
Noch am Samstag verweigerte die Türkei eine Teilnahme beim Kampf gegen IS mit dem Verweis auf die Geiseln, die sie nicht gefährden dürfe. Doch auch nach deren Freilassung macht Ankara wenig Anstalten, den von IS bedrängten Kurden zu helfen. Der Grund: bei den syrischen Kurden handelt es sich um Verbündete der türkisch-kurdischen PKK, die die türkische Armee 30 Jahre bekämpft hat.
Auch US-Präsident Barack Obama steht vor einer schwierigen Entscheidung. Die schwer bewaffneten IS-Truppen stehen nur noch 15 Kilometer vor Ain al-Arab, das die Kurden Kobane nennen, einer Stadt unweit der türkischen Grenze, in der sich neben 200.000 Kurden noch weitere 250.000 Syrer zusammendrängen, die vor dem Krieg in das lange als sicher geltende kurdische Kobane geflüchtet waren.
Kurdische Flüchtlinge aus Dörfern, die unweit der Stadt bereits von IS-Truppen erobert wurden, berichten von Grausamkeiten, die man aus anderen von IS eroberten Gebieten kennt. Wann greift die US-Luftwaffe ein, um auch unsere Leute vor dem Äußersten zu schützen, fragen die Kurden in Syrien. Wird Obama in Kobane einen Massenmord verhindern, auch ohne UN-Beschluss und ohne Zustimmung des Assad-Regimes? Bis am Dienstag die UN-Vollversammlung beginnt, könnte es zu spät sein.
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