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Kommentar Fettsteuer DänemarkEs geht nicht um Ampeln

Kommentar von Svenja Bergt

Das Ende der dänischen Fettsteuer ist ein Punktsieg für die Industrie. Doch letztlich geht es ohnehin um viel mehr als nur um Packungsmarkierungen.

N ur ein Jahr hat sie gehalten, die Steuer auf fetthaltige und damit vermeintlich ungesunde Produkte in Dänemark. Und die Lobby der Lebensmittelindustrie, die das Experiment über Dänemark hinaus ängstlich verfolgt hatte, reibt sich die Hände. Denn der befürchtete Exportschlager Fettsteuer wird nicht kommen.

Dabei ist von Ärzten bis zu Verbraucherschützern Konsens: Ernährungsbedingte Krankheiten sind ein wachsendes Problem. Der Markt an Lebensmitteln ist so groß, die Bandbreite dessen, was da in den Supermarktregalen steht, so unübersichtlich, dass sich kaum einer mehr auskennt. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen: So schätzen Verbraucher etwa Schokolade mit Fair-Trade-Siegel als gesünder ein als die nicht fair gehandelte – auch wenn die gleichen Zutaten drin sind.

Die am meisten diskutierte Lösung ist eine Kennzeichnung nach Ampelfarben. Doch hier steht ein Gesetzgeber vor dem gleichen Problem wie bei einer Steuer: Was ist eigentlich ungesund? Ist ein hoher Fettgehalt in Nüssen tatsächlich das Gleiche wie die Margarine im Fertiggebäck? Ist Limonade gesünder als Saft, wenn sie weniger Kalorien und Zucker enthält?

Svenja Bergt

ist Redakteurin für Netzökonomie der taz.

Das Unwissen über Produkte, ihre Inhaltsstoffe und deren Ursachen etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beseitigt man nicht mal eben mit ein paar Farbpunkten. Es geht um viel mehr: um Fernsehwerbung als Köder, um die Gestaltung von Verpackungen, um die Platzierung von Quengelware, um die Ehrlichkeit der auf der Verpackung angegebenen Portionsgrößen.

Und ja, letztlich geht es auch um Bildung. Darum, schon Kindern zu vermitteln, was Limonade vom Fruchtsaftgetränk und das vom Direktsaft unterscheidet. Der Vorteil: Je kleiner die Maßnahme, desto weniger Widerstand ist von der Industrie zu befürchten. Und desto wahrscheinlicher wird es, dass sich tatsächlich etwas ändert.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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2 Kommentare

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  • D
    DeLoew

    Die üblichen Verdächtigen (Schuldigen): Die Lobby, die Industrie. Der Verbraucher ist grundsätzlich unmündig. Er ist damit überfordert, sich an Kennzeichnungen von Inhaltsstoffen zu orientieren. Deswegen muss man ihn an die Hand nehmen. Am besten, man stellt eine Liste von 7 Frühstücksvariationen zusammen, die dann verbindlich im Lauf einer Woche abgearbeitet werden darf. Auch das ist ja Freiheit - man darf sich aussuchen an welchem Tag man was isst. Mittags regelt das die Kantine. Für Fastfoodrestaurants werden Tickets ausgegeben, die man bei seinen monatlichen Besuch dort vorzeigen und entwerten lassen muss. Nicht vergessen: das Nachweisheftchen für die Motion-Einheiten. Fernseher und Tablet schalten sich nach einer Stunde Betrieb aus - schon sind wir alle gesund und glücklich.

  • E
    ello

    Warum funktioniert die ganze Ernährungserziehung nicht? Weil der Körper nicht lesen kann und sich daher nicht an die Tips der ErnährungsberaterInnen halten möchte.

    Der Hype um die "gesunde" Ernährung hat mittlerweile Züge des Religiösen. Wie bei den Religionen wird den Menschen Schuld eingeredet - Verzicht bringt Erlösung.

    Es gibt keine "gesunde" Ernährung. Es gibt bekömmliche Ernährung oder unbekömmliche.

    Lieber trinken meine Kinder eine Limo als daß ihnen Angst vorm Essen eingeredet wird.