Kommentar Fettsteuer Dänemark: Es geht nicht um Ampeln
Das Ende der dänischen Fettsteuer ist ein Punktsieg für die Industrie. Doch letztlich geht es ohnehin um viel mehr als nur um Packungsmarkierungen.
N ur ein Jahr hat sie gehalten, die Steuer auf fetthaltige und damit vermeintlich ungesunde Produkte in Dänemark. Und die Lobby der Lebensmittelindustrie, die das Experiment über Dänemark hinaus ängstlich verfolgt hatte, reibt sich die Hände. Denn der befürchtete Exportschlager Fettsteuer wird nicht kommen.
Dabei ist von Ärzten bis zu Verbraucherschützern Konsens: Ernährungsbedingte Krankheiten sind ein wachsendes Problem. Der Markt an Lebensmitteln ist so groß, die Bandbreite dessen, was da in den Supermarktregalen steht, so unübersichtlich, dass sich kaum einer mehr auskennt. Das zeigen zahlreiche Untersuchungen: So schätzen Verbraucher etwa Schokolade mit Fair-Trade-Siegel als gesünder ein als die nicht fair gehandelte – auch wenn die gleichen Zutaten drin sind.
Die am meisten diskutierte Lösung ist eine Kennzeichnung nach Ampelfarben. Doch hier steht ein Gesetzgeber vor dem gleichen Problem wie bei einer Steuer: Was ist eigentlich ungesund? Ist ein hoher Fettgehalt in Nüssen tatsächlich das Gleiche wie die Margarine im Fertiggebäck? Ist Limonade gesünder als Saft, wenn sie weniger Kalorien und Zucker enthält?
ist Redakteurin für Netzökonomie der taz.
Das Unwissen über Produkte, ihre Inhaltsstoffe und deren Ursachen etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beseitigt man nicht mal eben mit ein paar Farbpunkten. Es geht um viel mehr: um Fernsehwerbung als Köder, um die Gestaltung von Verpackungen, um die Platzierung von Quengelware, um die Ehrlichkeit der auf der Verpackung angegebenen Portionsgrößen.
Und ja, letztlich geht es auch um Bildung. Darum, schon Kindern zu vermitteln, was Limonade vom Fruchtsaftgetränk und das vom Direktsaft unterscheidet. Der Vorteil: Je kleiner die Maßnahme, desto weniger Widerstand ist von der Industrie zu befürchten. Und desto wahrscheinlicher wird es, dass sich tatsächlich etwas ändert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku