Kommentar Facebooks Datenmissbrauch: Vertrauen verspielt
Hat Facebook geholfen, die US-Wahl zu beeinflussen? Das dürfte das Unternehmen viel von dem naiven Vertrauen kosten, das es groß gemacht hat.
Z eige mir, wer du bist, wo du wohnst und wen du magst. Und ich sage dir, was du wirklich willst. So funktioniert das Geschäftsmodell von Facebook. Rund 1,4 Milliarden Menschen weltweit spielen dieses Spiel mit und machen Mark Zuckerberg zu einem der erfolgreichsten Unternehmer aller Zeiten.
Das Spiel funktioniert, weil Facebook seinen Nutzern ein Versprechen gibt: Du bestimmst, was deine Freunde von dir wissen. Zumindest steht das in den vielen Erklärungen und den freiwilligen Selbstverpflichtungen, die Zuckerberg unterschrieben hat. Was dort nicht steht, ist, dass all deine neuen und alten Freunde in der Internetwelt auch gerne wissen möchten, was du magst. Facebook hat ihnen diesen Wunsch gerne erfüllt.
Zum Freundeskreis der Datenliebhaber gehörte auch die britische Analysefirma Cambridge Analytica. Sie hatte Zugriff auf rund 50 Millionen Facebook-Nutzerprofile. Aus den Daten bastelten die Analysten politische Anzeigen, die genau zur Kundschaft passten. Vermutlich waren sie entscheidend im Wahlkampf um das Amt des US-Präsidenten.
Nun ist der Aufschrei groß. In den USA macht die Handelsaufsicht Druck auf Zuckerberg. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani lädt den Facebook-Chef vor. Auch in Deutschland rumort es. Justizministerin Katarina Barley (SPD) will Facebook zur Verantwortung ziehen und die Parlamentarier des Digitalausschusses im Bundestag berufen hektisch eine Sondersitzung ein.
Überall Empörung und Enttäuschung. Darüber, dass das soziale Netzwerk nicht sorgsam mit den Daten seiner Kunden umgeht, über den üblen Verdacht, dass Facebook den unberechenbaren Donald Trump dazu verholfen hat, zum mächtigsten Mann der Welt zu werden. Tja, wer hätte das gedacht. So mancher Datenschützer dürfte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.
Die Dimension des Datenmissbrauchs größer als zuvor. Die Verschiebung privatester Details durch private Anbieter, um gezielt Wahlen zu beeinflussen? Das bringt selbst die liberalsten Verfechter der freien Datennutzung dazu, nach schärferen Gesetzen und mehr Regulierung zu rufen. Gesetze oder Klagen in Milliardenhöhe könnten zumindest helfen, die Auswüchse einzudämmen.
Mark Zuckerberg gibt sich jetzt kleinlaut. Nach Tagen des Schweigens äußerte er sich am Dienstagabend. Man sei sich des Ernstes der Lage bewusst, lässt er mitteilen. Facebook werde alles tun, um die Informationen der Nutzer zu schützen. Doch dieses Mal werden solche Beteuerungen nur wenig helfen. Facebooks Währung ist die naive Datenspende, das Vertrauen der Freunde. Das hat Zuckerberg verspielt – hoffentlich.
1,4 Milliarden Menschen verlassen Facebook. Gleich morgen oder spätestens in der kommenden Woche. Das wäre mal ein echter Erfolg für den Datenschutz.
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