Kommentar FDP: Westerwelle hat nachgedacht
Der FDP-Parteitag hat eines gezeigt: Mitunter kann es gut sein, Menschen von der Last ihrer Ämter zu befreien. Dies zeigt Guido Westerwelle sehr deutlich.
D as nennt man wohl Umsteuern. Guido Westerwelle, der von Bord gejagte Kapitän der FDP, macht seinen Liberalen gerade vor, wie sowas gehen kann. Wie man mit Entschlossenheit politische Kurse ändert.
Beim Parteitag in Frankfurt hat er jene in die Schranken verwiesen, die die FDP zur Anti-Euro-Partei machen wollten. Westerwelle hat das hingekriegt, indem er schonungslos - fast möchte man sagen: selbstverletzend - die Bedeutung einer Drei-Prozent-Partei im vereinigten Europa umrissen hat.
"Deutschland ist in Wahrheit nur groß in Europa", stellte er die Verhältnisse vom Kopf auf die Füße, "in der Welt sind wir ziemlich klein." Und er rügt die deutsche Musterschülerattitüde gegenüber Griechenland: "Auch wir haben zu viele Schulden gemacht!" Das sagt einer, der noch vor zwei Jahren, als er ins Auswärtige Amt einzog, internationale Pressevertreter aufforderte, bitte Deutsch mit ihm zu sprechen - man sei hier schließlich in Deutschland. Es war ein erster Hinweis darauf, wie der Außenminister sein Amt versteht.
ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
Aber nun, zwei Jahre später und sechs Monate nachdem ihn seine eigenen Parteifreunde hinweggefegt und gedemütigt haben, findet er neue Töne, eine neue Sprache für die Krise der Euroregion. Man spürt: Da hatte einer Zeit zum Nachdenken. Da hat es einer nicht nötig, Empörung zu markieren - da ist einer tatsächlich empört und steht für seine Überzeugungen ein. Ohne zu brüllen wie früher.
Mitunter kann es gut sein, Menschen von der Last ihrer Ämter zu befreien. Für Guido Westerwelle zumindest, das zeigt seine Parteitagsrede zweifelsfrei, trifft das zu.
Frei von Kalkül war auch dieser Auftritt nicht, denn so konnte er der Boygroup, die seine einstige 14,6-Prozent-Partei gerade in den Sand setzt, zeigen, dass er sehr wohl auch noch da ist - wenn auch nicht als Kapitän.
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