Kommentar EuGH-Urteil zu US-Deserteur: Realitätsferne Richter
André Shepherd kehrte dem US-Militär den Rücken, suchte Asyl, wurde abgelehnt. Das EuGH urteilte nun nach einer Logik, die blanker Unsinn ist.
W eil nicht sein kann, was nicht sein darf – das ist der Geist des jüngsten Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Auf Anfrage des Bayerischen Verwaltungsgerichtes München hatte der EuGH die europäische Richtlinie über den Flüchtlingsschutz in Bezug auf Deserteure aus Drittstaaten auszulegen. Konkret geht es um den Fall des US-Soldaten André Shepherd, der 2007 den US-Streitkräften den Rücken kehrte, weil er den Irakkrieg für völkerrechtswidrig hielt, und 2008 in Deutschland Asyl beantragte. Herausgekommen ist ein Urteil, das in wichtigen Punkten einer Realitätsüberprüfung nicht standhält.
Der EuGH stärkt zwar zukünftige Deserteure, wenn er darlegt, dass Schutz genießt, wer die Beteiligung an Kriegsverbrechen verweigert oder an einem Konflikt, in dem die eigene Seite aller Wahrscheinlichkeit nach Kriegsverbrechen begeht. Ob das so ist, sollen die innerstaatlichen Behörden des Aufnahmelandes entscheiden – ergo müsste das Verwaltungsgericht München jetzt Kriegsverbrechen im Irakkrieg überprüfen.
Aber der EuGH sagt auch, dass bei bewaffneten Interventionen aufgrund von Resolutionen des UN-Sicherheitsrats grundsätzlich keine Kriegsverbrechen begangen werden und dass Staaten, die Gesetze gegen Kriegsverbrechen haben, grundsätzlich keine begehen. Das ist blanker Unsinn. Nach dieser Logik: Wer Gesetze gegen Folter hat, foltert auch nicht.
Allein eine drohende Bestrafung wegen unrechtmäßiger Entfernung von der Truppe stelle noch keine Verfolgung im Sinne der EU-Richtlinie dar. Vielmehr sei das Teil des Rechts eines Staates auf Unterhaltung von Streitkräften. Damit tut der EuGH viel für die Aufrechterhaltung militärischen Gehorsams. Für das Recht, einen als Unrecht erkannten Einsatz zu verweigern, tut er gar nichts.
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