Kommentar Erdogan und Jerusalem: Plattform für Symbolpolitik
Der türkische Präsident Erdogan instrumentalisiert den Nahostkonflikt. Seine Haltung im Streit um Jerusalem spiegelt seine eigene Machtpolitik.
S eit Mittwochabend wissen wir, 56 Staaten der islamischen Welt erkennen Ostjerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates an. Das haben diese Länder zwar auch schon vorher getan, doch es ist gut es noch einmal gesagt zu haben.
Die am Mittwoch in Istanbul zusammengetrommelte Versammlung der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) bot vor allem eine Plattform für Symbolpolitik. Palästinenserpräsident Mahmut Abbas erhielt eine internationale Bühne um US-Präsident Donald Trump und den israelischen Premier Benjamin Netanyahu verurteilen zu können und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die willkommene Gelegenheit, sich erneut als „Führer“ der muslimischen Welt zu profilieren.
Er tat dies, indem er vor allem Israel als „Terrorstaat“ scharf angriff und Trump vorwarf, diesen „Folterstaat“ auch noch zu unterstützen. Einmal abgesehen davon, dass Netanjahu ihm schon am Tag zuvor zurecht zugerufen hatte, jemand der im Glashaus sitzt, solle besser nicht mit Steinen werfen, kann man sich zurecht fragen, was das ganze Treffen also sollte. Für die Palästinenser ist es sicher wichtig zu sehen, dass sie nicht ganz alleine dastehen.
Zwar kann die OIC an der realen Besatzung Ostjerusalems nichts ändern und auch die Siedlungspolitik Israels in der Westbank wird die Erklärung von Istanbul um keinen Deut ändern. Außerdem zeigte sich wieder einmal, dass die islamische Welt sich noch nicht einmal in der Jerusalem Frage einig ist. Saudi-Arabien und Ägypten, immerhin zwei der wichtigsten Staaten im Nahen Osten, beteiligten sich nur mit Leuten aus der Dritten Reihe. Den Saudis ist die Zusammenarbeit mit Trump wichtiger als Solidaritätsbekundungen mit Abbas.
Trotzdem wird das Treffen nicht ohne Folgen bleiben und die betreffen vor allem die Türkei. Erdogan hat mit dem von ihm initiierten Treffen und seiner maßlosen Rhetorik noch einmal klargemacht, wo er die Türkei sieht. Nicht mehr als Teil des Westens, auch nicht mehr als möglichen Vermittler zwischen Ost und West sondern als Antreiber einer antiwestlichen Staatengruppe.
Auch wenn das Anliegen der Palästinenser nach Ostjerusalem als ihrer Hauptstadt der Zukunft völlig berechtigt ist, die Art und Weise wie Erdogan dieses Anliegen vertritt hat weniger mit Empathie für die Palästinenser als vielmehr mit eigener Machtpolitik zu tun.
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