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Kommentar Energetische SanierungArmut durch gedämmte Fassaden

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Fassaden, neue Fenster und Aufzug lassen die Miete manchmal um 100 Euro oder mehr hochschnellen. Die Regierung muss sich kümmern.

Renovierungsarbeiten an einem Altbau in Berlin-Friedrichshain. Bild: dpa

D ie Vorhaben klingen so gut: Gedämmte Fassaden, Isofenster und Aufzüge sollten die Wohnungen in Deutschland menschenfreundlicher machen. Die Heizkosten verringern sich, alte Menschen kommen dank des Lifts wieder mehr an die frische Luft. Super. Theoretisch.

In der Praxis haben sich Modernisierungen und darunter auch die energetische Sanierung zum Schreckgespenst vieler Mieter in den Ballungszentren entwickelt. Fassaden, neue Fenster, Aufzug – hoch geht die Miete. Manchmal um 100, 150 Euro oder sogar mehr.

Für Leute, deren Haushaltsplanung auf Kante genäht ist, können solche Mietsteigerungen bedeuten, dass sie sich entweder anderswo eine Bleibe suchen müssen, was aber aufgrund der hohen Angebotsmieten nicht billiger wird. Oder sie schränken sich in der Lebensführung ein. Armutsgefährdete Haushalte bezahlen schon jetzt die Hälfte ihres Einkommens für Wohnkosten.

Jutta Henglein-Bildau
Barbara Dribbusch

ist Inlandsredakteurin der taz.

Dabei sind die Modernisierungsgesetze ein Skandal. Eigentümer können jährlich 11 Prozent der Kosten für die Modernisierung auf die Mieter umlegen, in neun Jahren ist die Sanierung damit komplett bezahlt: von den Mietern. Der Investor kassiert danach weiter den hohen Mietzins. Praktisch.

Energetische Sanierung, nein Danke

Das hätten die Verfechter der energetischen Sanierungen wohl nicht gedacht, dass sie irgendwann mal als Ignoranten dastehen könnten, lebensfern wie teure Bioläden inmitten eines sozialen Brennpunktes. Die Vorstöße der SPD und der Grünen, die Modernisierungsumlage für Bestandsmieter zu beschränken, gehen daher in die richtige Richtung.

Die Linke will die Umlage sogar auf 5 Prozent strecken, dies würde die Mieterhöhungen nach Sanierungen halbieren. Vielleicht wird dann weniger modernisiert. Sei’s drum. Ein Kompromiss muss gefunden werden. In der nächsten Bundesregierung.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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14 Kommentare

 / 
  • U
    Uwe

    Hier die Dichtheitsprüfung/Funktionsprüfung/Kanal-TÜV

     

    Liebe Mitbürger,

     

    beweisen Sie Solidarität!

     

    Nehmen Sie sich knapp 7 Minuten Zeit.

     

    Dann wissen Sie warum man vom Milliardengrab-Dichtheitsprüfung spricht!

     

    ARD-Plusminus, Sendung vom 10.April 2013

    Mediathek:

     

    http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/432744_plusminus/14077354_kanal-sanierung-wie-hauseigentuemer-abkassiert

     

    Mit dem Inkrafttreten des geänderten Landeswassergesetzes (LWG NRW) werden auch außerhalb von Wasserschutzgebieten bis zum 31. Dezember 2020 bestehenden Abwasserleitungen geprüft werden, die industrielles oder gewerbliches Abwasser führen.

     

    Keine verdachtsunabhängige Dichtheitsprüfung und Zwangssanierung in Deutschland!

     

    Initiative „Alles dicht in Deutschland“

     

     

    Unterzeichnen Sie bitte unseren Appell!

     

    Stoppen Sie die Dichtheitsprüfung/Kanal-TÜV in Deutschland!

     

    Unterschreiben Sie hier:

     

    http://protest.alles-dicht-in.de/

     

    Alles-dicht-in-NRW

     

    Stoppen Sie die Dichtheitsprüfung/Kanal-TÜV in Deutschland!

     

    Auch Mieter sind betroffen, denn die Kosten werden dann wohl vom Hauseigentümer über den Mietzins umgelegt.

     

    Helfen Sie sich und allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland, mit Ihrer Unterschrift.

     

    Viele wichtige & aktuelle Informationen hier:

     

    http://alles-dicht-in-nrw.de/

  • L
    Leo

    Peinlich;-)

    Ich habe manager magazin und Capital (2/13) in meinem vorherigen Kommentar verwechselt. Hier der Link

     

    http://www.capital.de/politik/:Energiepolitik--Die-Daemm-Falle--Skandal-hinter-der-Fassade/100049787.html

     

    Bitte keine Abmahnung - ich bereue!

  • L
    Leo

    Nur, weil etwas energiesparend ist, ist es noch lange nicht umweltfreundlich! Was ist umweltfreundlich daran, sich 15 cm, dickes Styropor an die Hauswand zu kleben?

     

    Zudem wurde auch genügend über die zwangsläufige Folge Schimmelbefall berichtet - sogar von einem nicht gerade als umweltfreundlich und unternehmerfeindlich verschrieenen Blatt wie dem manager magazin.

    Umweltfreundlich daran scheint nur zu sien, dass sich gelegentlich Spechte für das weiche Material interessieren und mit ihren Bauarbeiten beginnen.

     

    Wie bereits die Quecksilberglühbirne, die uns in ein paar Jahren wegen Kontamination beschäftigen wird, denke ich, dass wir auch über die Styroporfolgen noch einiges lesen und erleben dürfen.

     

    Moderner Wahn: sobald jemand das Etikett "energiesparend" draufklebt, wird es sofort als moralische Pflicht adaptiert, ohne an mögliche Folgen zu denken.

  • U
    Ute

    Energetische Sanierung ist gut (obwohl der Schaumstoffeinsatz schon wieder fragwürdig ist), aber eben nicht für viele Mieter tragbar und dafür gibt es Gründe. Es werden zu wenige staatliche Mittel dafür eingesetzt, Mittel die man sich über eine gerechte Besteuerung hätte holen müssen, Mittel die auch mit Auflagen gerade im Mietwohnungsbau vergeben werden könnten.

     

    Man sollte sich auch vor Augen halten, dass man sich an einer Drosselung des Verbrauchs durch den Autoverkehr nicht heranwagt, man nicht nur die Zahl der Autos, auch noch deren Breite und Schwere hat anwachsen lassen, ohne dagegen was zu unternehmen.

    Nun sollen die Armen für eine Einhaltung von Klimazielen sorgen, die im Straßenverkehr oft einfach zu erreichen wären, man denke an Tempo 120.

     

    Und da hat die Linke Recht: Es ist eine Schweinerei, wenn ohnehin finanziell nicht auf Rosen Gebettete die Zeche zahlen sollen, ihr Leben unerträglich gestaltet wird!

     

    Die ärmsten Schichten sollen das bringen, was man der Autoindustrie nicht zumutet und dies obwohl Mietwohnen ohnehin schon ökologischer ist, als das Wohnen in Eigenheimen gar Villen.

  • T
    Thomas

    Ich muss sagen ich finde den Kommentar doch reichlich seltsam.

     

    Man sollte nicht vergessen: Die Wärmesanierungen finden ja nicht zum Spaß statt - sondern weil sie ganz konkret dazu führen sollen, weniger fossile Rohstoffe zu verbrennen. Das mit "wenn weniger saniert wird sei's drum" zu kommentieren find ich hochgradig verantwortungslos.

     

    Ja, man muss fragen, wie sich Sanierungen sozial gestalten lassen. Aber eine Haltung a la "Umweltschutz? Mir doch egal!" kann ja auch nicht die Lösung sein.

  • Z
    zweifler

    Schande über Deutschland!!!

     

    Liebe Brüder und Schwestern. Lese ich da Zweifel am Glauben an den Sinn der energetischen Sanierung; nur wegen des schnöden Mammons?

     

    Ist der Ablass aller Sünden, das Seelenheil und die Rettung der Welt nicht mal 120 € mehr im Monat wert?

     

    Denkt denn keiner mehr an die Eisbären, den Klimawandel und die Einsparungen an Nebenkosten für

    den Mieter.

     

    Der Staat muss nicht handeln; er hat gehandelt.

  • FV
    Freiherr von Horst

    Ob das neue Mietrecht ein Schreckgespenst ist, vermag ich nur bedingt erkennen, denn auch ich musste erkennen, dass Mietnomaden durch die Gesetzgebung geschützt sind.

    Eine Räumungsklage zieht sich dann, wie mir geschehen, zwei bis drei Jahre hin und immer entscheiden Gerichte entsprechend der Liquidität.

    Der Mieter hat immer Recht, hier lag die Wurzel, dass jetzt Unmut zutage tritt.

  • HJ
    hunyadi Janos

    Huch, jetzt fangen die Grünen an wegen der Energetischen Sanierung zu maulen?

     

    Lustig...

     

    Wie sieht es eigentlich mit der Sozialverträglichkeit der EEG Umlage aus?

     

    Die Eine Solarindustrie konnte nicht aufgepäppelt werden, trotz horrender Subventionsorgien aus der Haushaltskasse von klein Erna und Manfred Mustermann. Die einzigen Profiteure der EEG sind wohl situierte privatinvestoren mit Solaranlagen mit staatlich garantierter Rendite auf dem Dach, und ein gewisser Aspik, der Cheffe von Solarworld mit Privatschloßsammlung. Die Klientel der Grünen halt.

     

    Gleichzeitig ist der Abbau und Endlagerung der teilweise hochgiftigen Solarzellen nicht geklärt...

     

    Die Einsparung an CO2 waren auch recht bescheiden, und stehen in keinem Verhältnis zu dem Aufwand.

     

    Merke auch die EEG treiben die Nebenkosten hoch, mit kaum messbaren Erfolg in der Emissionenreduktion.

    Achja sollten einige Spassvögel nun die Einbeziehung der Industrieproduktion fordern,

  • S
    S.K

    Dem Vermieter,

     

    der ohnehin die alten Fenster hätte ersetzen müssen, der einen neuen Anstrich oder eine Erneuerung des Putzes hätte vornehmen müsssen und dem, der ohnehin die Dachpfannen hätter erneuern müssen,

     

    kann das ganze ja nur gelegen kommen.

     

    Die Mieterhöhung dürfte nur so hoch sein, wie sie die Heizungskosten zu mindern vermöchte. Und dabei ist nicht die Einsparung heranzuziehen, die man hat, wenn überall verschwenderische 21" herrschen, sondern wie oft üblich weit weniger in der Gesamtwohnung.

  • SW
    Schön wär's, wenn es eine win-win-Situation gäbe...

    ... - leider gibt es für Millionen Menschen in diesem Land seit Jahren keine win-win-Situation mehr für die grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse wie etwa

     

    - sichere, gut bezahlte Arbeitsplätze

    - gesellschaftliche Solidarität anstatt Spaltung der Gesellschaft nach dem Motto "Teile und herrsche"

    - eine für alle Bürger erschwingliche Versorgung mit Energie (Strom, Gas etc.)

    - bezahlbaren, qualitativ guten Wohnraum für ALLE Menschen mit einem hohen Maß an Planungssicherheit bei den Mietkosten

    - ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der von den Unternehmen angestrebten Gewinnmaximierung und einer an sozialen Kriterien orientierten Gesellschaft

     

    Stattdessen geistert das von unten nach oben durch die neoliberale Politik umverteilte Kapital ruhelos durch die Gegend auf der Suche nach immer neuen Anlagemöglichkeiten.

     

    Und nun, so scheint es, werden wir die Geister der neoliberalen Politik einfach nicht mehr los. Immer mehr Menschen in diesem Land leiden unter einem regelrechten Terror durch die Ökonomisierung praktisch sämtlicher Lebensbereiche.

     

    Die Mieter in Deutschland werden dabei - unterstützt durch die einseitig vermieterorientierte Politik von Schwarz-Gelb - zu Melkkühen für die Vermieter degradiert.

     

    Was passiert mit der auch in Deutschland zunehmenden Zahl zwangsgeräumter Mieter, wenn es keine preisgünstigen Wohnraumalternativen für sie gibt?

     

    Sollen sie in Obdachloseneinrichtungen enden oder als Dauercamper in den sich auch in Deutschland entwickelnden Trailerparks nach amerikanischem Vorbild?

  • HG
    hilflos gegen mietwucher

    Eine Anlage in München wird Haus für Haus saniert und "Wärmedämmung" angebracht. Wo vorher die Miete 140 € war, müssen die Leute jetzt über 600 € zahlen. Beim nächsten Bauabschnitt wird 14 € pro qm Kaltmiete verlangt.

     

    Dennoch, als Deutsche bekommt man dort kaum eine Wohnung. Frage mich nur, zahlt den ganzen Leuten der Staat diese horrenden Mieten ??

     

    Wenn das mit dem Mietwucher so anhält, werden die Rentner bald unter der Brücke schlafen müssen.

  • I
    Irmi

    Mein Vermieter hat ohne Ankündigung einer Mieterhöhung das Gericht bemüht und eine Mieterhöhung con 125 € durchgesetzt. Als ich den Richter fragte, wenn ich der überhöhten Mieterhöhung nicht zustimme was dann ? Die Antwort des Richters, dann kommt die Räumungklage.

    Später erhöhte der Vermieter um 20 % und 15 Monate später wieder um 20 %. Die Abrechnungen stimmen nie, jedes Jahr gehe ich zum Mietverein um das klären zu lassen, interessiert aber meinen Vermieter nicht.

     

    Er hat in diesem Haus nie etwas gemacht. Ich wohne schon über 30 Jahre da und in der Zeit wurde nie im Haus gestrichen. Ich habe Schimmel im Flur, nicht weil ich daran schuld wäre, sondern weil es vom Dach reinregnet. Ich hatte ein verstopftes Rohr, beim Versuch es durchzureinigen ging das Rohr kaputt und ich hatte einen Wasserschaden in der Wohnung was sich zum Schimmel entwickelte. Statt die Schäden zu beseitigen beharrt er auf volle Miete.

    Wer schützt die Mieter vor solchen Vermietern ? Statt das der Staat den Mietern mehr Rechte gibt, stellt er sich auf die Seite der Vermieter, der Hausbesitzerlobbyisten.

  • JH
    Joachim Herbert

    Ich verstehe nicht, was an der höheren Miete skandalös sein soll. Schließlich rechnet sich das ja angeblich alles über Einsparungen bei den Heizkosten, und davon profitiert ausschließlich der Mieter. Bei Neubauten sind die Maßnahmen überdies bereits eingepreist.

     

    Skandalös wäre, die energetische Sanierung zu erzwingen und die Umlage zu deckeln.

  • W
    wonkmeier

    Es gibt genügend Beispiele für gelungene energetische Sanierungen (zB in Frankfurt), bei denen eine Win-Win-Situation entstanden ist (lässt sich auf alle Maßnahmen übertragen).

    Die Mieter zahlen danach mehr Miete, aber weniger Nebenkosten (Energie!) und jede der Beteiligten hat danach mehr in der Tasche. Nennt sich dann beispielsweise Warmmietenmodell....

    Einfach mal informieren!