Kommentar Einigung zum Digitalpakt: Mehr Wissen statt mehr Wischen
Der Digitalpakt ist durch, allerdings wird das die Schulen nicht ins digitale Zeitalter befördern. Nicht solange das Angebot für Fortbildungen fehlt.
G eht doch. Der Digitalpakt kann tatsächlich nach über zwei Jahren Verzögerung starten, weil Bund und Länder einen Kompromiss über ihre künftige Zusammenarbeit in Bildungsfragen erzielt haben. Wer aber glaubt, die Schulen würden nun mit Highspeed ins digitale Zeitalter katapultiert, irrt. Und das liegt nicht primär daran, dass es an Computern oder WLAN mangelt. Wenn man den Kindern erlauben würde ihre Smartphones im Unterricht zu benutzen, wäre die Mehrzahl der Schulen wahrscheinlich zu nahezu 100 Prozent mit digitalen Endgeräten ausgestattet.
Es liegt auch daran, dass die Länder bei ihrem Teil des Paktes, nämlich den Qualifizierungen der LehrerInnen, immensen Nachholbedarf haben. Wie integriert man digitale Medien so in den Unterricht, dass nicht nur ein Mehr an Wischen, sondern auch an Wissen entsteht? Wie wird Lernen partizipativer, vernetzter, interaktiver? Das Interesse der LehrerInnen an solchen Fortbildungen ist groß, das belegen verschiedene Umfragen. Allein es mangelt an Angeboten.
Die Bundesländer haben Fortbildungen in den vergangenen Jahren vernachlässigt. Sie schreiben den PädagogInnen zwar qua Schulgesetzen vor, sich fortzubilden – erheben aber nicht systematisch den Bedarf und überlassen es engagierten Pädagogen, ihr Wissen zu erweitern. Und zugegeben: Bei einer im internationalen Vergleich hohen Unterrichtsverpflichtung und den nicht kleiner werdenden Herausforderungen – Integration, Inklusion, soziale und familiäre Probleme in den Familien – braucht man schon viel Enthusiasmus dafür.
Zudem sind Fortbildungen dann sinnvoll, wenn sie keine einmaligen Veranstaltungen sind, sondern Kurse, die über einen längeren Zeitraum laufen und deren Ergebnisse in den Kollegien reflektiert werden können. Neben Geld ist die wichtigste fehlende Ressource die Zeit. LehrerInnen müssten freigestellt werden, um sich weiterzubilden. In Zeiten, in denen Pädagogen bereits aus dem Studium für die Schulen rekrutiert werden, stehen die Chancen dafür jedoch schlecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen