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Kommentar Eigenbedarf vorm BGHMehr als eine Immobilie

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Eine 80-jährige Frau soll aus ihrer Wohnung ziehen weil eine junge Familie die Immobilie gekauft hat. Der BGH prüft jetzt genau.

Der Achte Zivilsenat beim Bundesgerichtshof urteilt über Mieter-Kündigungen bei Eigenbedarf Foto: dpa

I n der aktuellen Wohnungsmisere kaufen plötzlich auch Menschen eine Wohnung, für die das früher jenseits aller denkbaren Lebensentwürfe lag. Menschen wie du und ich quasi. Was soll unsereins auch machen, wenn in Berlin, Hamburg, Frankfurt nicht nur keine bezahlbare, sondern überhaupt keine geeignete Mietwohnung am Markt ist. Doch eine Immobilie kaufen ist das eine. Eine Immobilie mit einem darin lebenden Menschen für den Eigenbedarf zu erwerben etwas ganz anderes. Das legt auch ein Fall nahe, über den am Mittwoch der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte.

2015 war eine Berliner Dreizimmerwohnung verkauft worden, in der seit 45 Jahren eine inzwischen über 80-jährige Frau mit ihren erwachsenen Söhnen lebt. Der Käufer kündigte unmittelbar Eigenbedarf an, er wollte mit seiner Familie einziehen und die Wohnung mit der bereits erworbenen Nachbarwohnung verbinden. Nachdem er mit seiner Klage auf Eigenbedarf in erster Instanz noch recht bekam, sah das Landgericht einen Härtefall und verfügte, dass das Mietverhältnis mit der älteren Frau auf unbestimmte Zeit fortzuführen sei.

Interessant war die Begründung: Das Gericht sah zum einen die lange Mietdauer, den schwierigen Wohnungsmarkt, das Alter und die attestierte Demenz der Frau als hinreichend. Es wertete aber auch als maßgeblich, dass die Umstände dem Käufer schon zum Zeitpunkt des Erwerbs bekannt waren, er also mit einem Härtefall rechnen musste und die Wohnung dennoch für den Eigenbedarf gekauft hatte.

Das ist die Misere: die individuelle Not des einen – der Käufer wohnt mit Frau und zwei kleinen Kindern in zwei Zimmern – und die Not der Mieterin gegeneinander zu rechnen. Aber in der Tat war es ja der Käufer, der diese Situation wissentlich heraufbeschwor.

Der BGH verwies den Fall nun zur weiteren Klärung der Härtefallgründe ans Berufungsgericht zurück. Rechtlich wird es also auf eine noch genauere Prüfung des Einzelfalls hinauslaufen. Als moralische Richtschnur aber könnte dienen: Eine Wohnung mit einem Menschen darin ist mehr als eine Immobilie.

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Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
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5 Kommentare

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  • Aus dem gestrigen TAZ-Beitrag zu diesem Thema www.taz.de/Urteil-...!5594172&s=dement/ entnehme ich, dass die Lage der Frau keineswegs hoffnungslos ist. Ich schließe das aus dem dort vermerkten Satz:



    „Wenn Mieter sich gegen eine Eigenbedarfskündigung wehren, muss der „Härtefall“ künftig durch ein Sachverständigengutachten belegt werden. Ein Attest des Hausarztes genügt nicht mehr“



    Also muss schnellstens ein „Sachverständigengutachten“ her. Darum wird die Frau sich bestimmt nicht selbst kümmern können, aber sie hat doch höchstwahrscheinlich eine amtlich bestellte Pflegeperson, die jetzt tätig werden muss. Keine ganz leichte, aber eine lösbare Aufgabe. Ich kenne das aus eigener Anschauung, da ich selbst als Pfleger für meine eigene Mutter bestellt bin.

  • Ich hoffe die Dame darf bleiben. Søren Soyalatte hat vorher Kenntnis gehabt und war bereit eine 80 jährige einfach in den Straßengraben zu schubsen.



    Ich wünsche Frau Liselotte Meier noch viele glückliche Jahre zusammen mit Ihren Söhnen.

    • @Reyde Lanada:

      wie sagte gestern der weniger korrupte Politiker über den mehr korrupten Politiker im TV?: nicht alles was legal ist, ist moralisch korrekt.

    • @Reyde Lanada:

      Der Käufer kann aber auch vom Rechtsstaat Deutschland erwarten, dass sein verbrieftes Recht auf Eigentum und Eigenbedarf hinreichend gewürdigt und geschützt wird. Die Mieter können ja auch umziehen.

  • ...Und genau das Verstehe ich nicht. Es wird ja niemand dazu gezwungen den Besitz des Eigentums einer Immobilie zu übertragen. Und wenn man diese Art der Eigenbedarfsanmeldung zulassen will, so kann man das ermöglichen, in dem man es zu einem legitimen Gegenstand eines Mietvertrages macht. Dann haben sich beide Seiten entschlossen diese Möglichkeit in Betracht bzw. in Kauf zu nehmen. Da sehe ich den Unterschied zwischen Vertragsrecht und Willkür.



    Willkür vor allem deshalb, weil einerseits die Begründungsschwelle offensichtlich so niedrig ist, dass bei Bedarf jeder Zeit eine Begründung generiert werden kann. Aber auch weil ein Missbrauch wohl selten aufgedeckt oder gar geahndet wird. Wen, außer dem ehemaligen Mieter, sollte es interessieren? Es ist wohl anzunehmen, dass in den meisten Fällen ein Mieter einem Eigentümer finanzielle unterlegen ist. Was sich auf das Selbstbewusstsein, sein Recht zu erstreiten, wie ich meine, meistens übertragen lässt. Wie oft wird da schon aufgedeckt und angeklagt werden, um vielleicht eine unbestimmbar große Entschädigung zu erstreiten? Nicht viele nehme ich stark an.



    Vor längerem bin ich ein Jahr zu einer Frau (mit Kind) nach Moskau gezogen. Nach zwei Monaten mussten wir ihre Wohnung innerhalb einer Woche räumen, wegen Eigenbedarf. Da dachte ich noch, man, sowas könnte Dir in Deutschland nicht passieren. Aber jetzt weiß ich, ohhh doch, aber mit einer bessern Frist.



    Ich bitte Interpunktations-, Grammatik- und Rechtschreibfehler und die Länge des Textes zu verzeihen. Als Legastheniker im Wutbürgermodus fehlt mir da die Kontrolle.



    Jetzt drehe ich ein Video, in welchem ich auf eine kostenlose Ausgabe des GG defäkiere. Das sende ich dann als Beitrag dem DLF, wo ich mir seit Wochen den ganzen Tag anhören muss, wie toll das GG ist. Wie es uns schützt und flexibel es auf die Gegebenheiten der Gegenwart anwendbar ist.