Kommentar EU-Grenzkontrollen: Und ewig droht die Innenpolitik
Innenminister Friedrich will innerhalb der EU Grenzkontrollen einführen dürfen. Damit verweigert er nur die Verantwortung für die gemeinsame Flüchtlingspolitik.
A ls wäre die Krise der Europäischen Union nicht schon groß genug, als stünde die EU nicht ohnehin schon kurz vorm Zerfall: Gemeinsam mit seinem französischen Kollegen fordert Innenminister Friedrich, dass nationale Regierungen ihre Landesgrenzen im Alleingang dicht machen können, wenn ihnen die Außengrenzen nicht ausreichend gesichert scheinen.
Sich als starker Mann gegen illegale Einwanderung zu inszenieren, mag für den angeschlagenen Sarkozy im Präsidentschaftswahlkampf nützlich sein. Und auch Friedrich kann sich als das in Szene setzen, was von einem CSU-Innenminister erwartet wird: als harter Hund. Für die EU aber ist der Vorstoß extrem gefährlich.
Denn neben dem Euro ist die Reisefreiheit einer ihrer Grundpfeiler. Sie macht die Vorzüge der EU für die BürgerInnen unmittelbar erfahrbar und kann so die ohnehin brüchige Solidarität zumindest stärken. Das hatte Friedrich im vergangenen Sommer auch im Blick, als Dänemark auf Initiative der Rechtspopulisten Kontrollen an der deutschen Grenze durchsetzte.
Deutschen Urlaubern drohte auf dem Weg ans Meer Ungemach und sofort hagelte es Kritik. Geht es aber um die Abwehr von Flüchtlingen, sind für den Christsozialen solche Überlegungen stets zweitrangig, von Menschenrechten gar nicht zu reden. Dann geht es vor allem um eins: Flüchtende von Deutschland fernzuhalten. Sollen sie doch weiter im Mittelmeer ertrinken.
So blockiert die Bundesregierung – stets im Einvernehmen mit Frankreich – jede Reform der europäischen Flüchtlingspolitik. Und weigert sich damit hartnäckig, die gemeinsame Verantwortung für jene, die in Griechenland, Italien oder auf Malta ankommen und auf ein besseres Leben in Europa hoffen, als gemeinsame zu begreifen. So kann man die EU wirklich nicht retten.
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