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Kommentar EEG-UmlageUngenutzter Rückenwind

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Ökostrom bedeutet keine höheren Kosten mehr. Dennoch nutzt die Bundesregierung die Gelegenheit nicht, die erneuerbaren Energien auszubauen.

Es könnte viel mehr Windräder geben, doch die Bundesregierung bremst Foto: dpa

E igentlich ist es eine gute Nachricht für VerbraucherInnen und den Klimaschutz: Die EEG-Umlage, mit der der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland finanziert wird, steigt nicht mehr weiter an, sondern sinkt zum zweiten Mal in Folge. Obwohl die erzeugte Ökostrommenge seit 2014 fast um die Hälfte gestiegen ist, sind die Zusatzkosten heute fast auf dem gleichen Stand wie damals.

Mehr Ökostrom bedeutet also keine höheren Kosten mehr. Doch statt den Rückenwind dieses Durchbruchs zu nutzen und den Ausbau der erneuerbaren Energien jetzt – wie im Koali­tionsvertrag zugesagt – deutlich zu steigern, steht die Bundesregierung weiter auf der Bremse. Zwar sollen nun nach langem Streit endlich die einmaligen Sonderausschreibungen umgesetzt werden. Doch die generellen Ziele für den Wind- und Solarausbau sollen offenbar erst einmal unverändert bleiben, obwohl sie dringend angehoben werden müssten, um das für 2030 geplante Ziel zu erreichen.

Lange hat der Wirtschaftsflügel der Union den Widerstand gegen eine schnelle Energiewende mit den angeblich hohen Kosten begründet. Nachdem diese nun aber nicht mehr steigen, sondern sogar sinken, funktioniert dieses Argument nicht mehr. Doch das stört die Energiewende-Bremser keineswegs. Mit den angeblich unzureichenden Stromnetzen haben sie längst Ersatz gefunden. Diese müssen zwar langfristig tatsächlich verstärkt werden. Doch als kurzfristiges Argument gegen einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren eignen sich die Netzengpässe nicht – gerade wenn der Ausbau verstärkt in Süddeutschland erfolgt.

Und auch die Freude für die VerbraucherInnen über die sinkende Umlage wird von der Bundesregierung gleich wieder gedämpft. Mit einer neuen Umlage für die Netzanbindung der Windräder im Meer sorgt sie nämlich – neben einer gerechteren regionalen Verteilung der Kosten – für eine Entlastung der Großverbraucher. Diese zahlen künftig weniger, private VerbraucherInnen hingegen mehr. Der große Erfolg der sinkenden Umlage droht damit zu verpuffen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Da waren wir schon mal weiter!



    "Ökostrom bedeutet keine höheren Kostenmehr".



    Die Preise an der Strömbörse sind seit Jahren deswegen unter Druck geraten, da die Erneuerbaren per Vorrang einspeisen durften und dadurch der überschüssige konventionell erzeugte Strom die Preise abstürzen ließ.



    Wir werden natürlich nie erfahren, ob denn ohne Erneuerbare der Strompreis heute nicht sogar höher wäre.. aber meine These: vermutlich sogar!

    Daher geht der Eingangssatz vollkommen fehl.



    Erneuerbare sorgen für sinkende Preise aus konventioneller Erzeugung. Jetzt Erneuerbare mit diesen niedrigen Preisen vergleich ist somit nicht opportun.



    Dass die ERneuerbaren auch für das Abschalten der Kernenergie und Kohle sorgt und welche Kosten da gespart werden,würden die weiterlaufen (Klimaschäden, Nachsorgekosten) kommt oben drauf.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Die Kosten sind ja nun auch nur ein Faktor. Die Versorgungssicherheit muss ebenfalls gewährleistet werden. Das kann man sicher, allerdings muss man dazu Stromnetze ausbauen und Puffermöglichkeiten schaffen. Das kostet und, das muss man ehrlich sagen, liegt am Umbau des Strommixes.



    Die jungen Leute von Heute möchte ich mal sehen, wenn der Strom ausfällt und sie kein Netz mehr haben - vermutlich für Tage.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Schwachsinn, wenn wir Strom exportieren langen die Netze immer. Ich bin Dipl. Ing. der Elektrotechnik. Vom Fachmann: es gibt keine Bedrohung der Versorgungssicherheit!!! Das ist eine Lüge der Konserativen und der 4 großen alten Erzeuger um ihr Monopol zu bewahren.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      "Die jungen Leute von Heute möchte ich mal sehen, wenn der Strom ausfällt und sie kein Netz mehr haben - vermutlich für Tage."



      Ja, gerade deshalb ist der Umbau der Stromversorgung seit mehr als 20 Jahre überfällig. Aber die Regierungskoalition blockiert hier seit Jahrzehnten. Schon Hermann Scheer hat den Umbau in den 1990 igern angemahnt und unmissverständlich begründet. Doch vermutlich stehen hier die hohen Spendenzahlungen und Desinformationen der Industrie an die großen Volksparteien, einem schnellen Umbau zu einer ehrlichen Versorgungssicherheit entgegen.



      Die EEG-Umlage wurde als politische Bremse in Abstimmung mit den großen Energieversorgern erschaffen. Deshalb erfolgt die Rücknahme auch so widerwillig durch unsere "Volksvertreter", im besonderen durch Hrn. Altmeier .



      Dabei erfolgt ein kostendegresiver Ausbau der Erneuerbaren Energie im wesentlichen durch dezentrale Konzepte. Gerade der massive privat dezentrale Ausbau brachte die Preisreduzierung in diesem Sektor, nachdem man über 15 Jahre auf Aktivitäten der Industrie gewartet hatte und auch heute noch vergeblich darauf warten kann; siehe Hambacher Forst und RWE !



      Daher rate ich jedem seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ob Beteiligung oder eigene Anlage. Jetzt aktiv werden und das Kabel zur Strasse kappen. Es geht - es gibt schon genug real existierende Beispiele.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Nicht so ganz, durch die dezentrale Stromerzeugung können Leitungen (In Kraftwerknähe) sogar eingespart werden, da die Energie eben dezentral erzeugt wird.

      Das Schreckgespenzt der Versorgungssicherheit ist dann auch dahergeredet. Anstatt der zusätzlichen Leitungen könnte man ebenso dezentrale Speicher fördern.

      Wie Haushaltsbaterien, die Erzeugten Strom dann abgeben wenne r gebraucht wird, es gibt schon mehrere Autarke Häuser in Deutschland. Mit dem kommen der Elektroautos können sogar stromspitzen abgefedert werden, wenn die Autos eben zu schwachen Lastzeiten/erhöhter Strommenge bevorzugt geladen werden. Auch andere Dinge wie eben Zeitgesteuerte Geschirrspüler und Waschmaschienen. funktionieren gut.

      Leider wird vond er Industrie mal wieder ein Schreckgespenst durchs Dorf getrieben und damit wird der nötige Umbau weiter verzögert.