Kommentar Dumpingpreise: Bitte keine Geiz-ist-geil-Taxis
Taxifahrer haben es nicht leicht. Kaum wurde der Mitfahrdienst Uber in Hamburg verboten, kommt nun die Konkurrenz mit Billigpreisen.
W enn der Europachef von Uber herumschwadroniert, die Gesetze Hamburgs wurden verfasst, als das Wort „Smartphone“ noch nicht einmal im Wörterbuch zu finden war, und die Behörden aufruft, ihre Richtlinien zu aktualisieren, ist dies eine anmaßende Frechheit. Pierre-Dimitri Gore-Coty weiß offensichtlich wenig vom deutschen Recht: Behörden führen Gesetze aus, sie machen sie nicht. Das ist Aufgabe der Politik.
Auf den ersten Blick schützen Politiker und Personenförderungsgesetz eine Zunft: Nur wer eine Ortskenntnisprüfung ablegt – die bei vielen Taxichauffeuren offensichtlich nicht zu wirklicher Ortskenntnis führt –, den Nachweis der Zuverlässigkeit erbringt und eine extra Haftpflicht vorweist, darf losbrausen.
Das sichert den Fahrgästen eine sichere Beförderung, und Abzocke wie in vielen Weltstädten kommt in Deutschland praktisch nicht vor. Fahrern und vor allem Unternehmern sichert der „Closed Shop“, in den jeder mit entsprechender Qualifikation gelangen kann, ein einigermaßen erträgliches Einkommen und dem Staat Steuereinkommen.
Volkswirtschaftlicher Handlungsbedarf besteht also nicht. Doch immerhin geht es um Innovation. Ein weiterer Dienstleister verspricht billigste Preise für die Kunden. Und überhaupt: Zunftfreiheit, Gewerbefreiheit und Niederlassungsfreiheit gehören auch in der EU quasi zu den Grundfreiheiten. Wie weit diese Geiz-ist-geil-Mentalität führt, haben Musikindustrie und Medien zu spüren gekriegt, denen durch das Internet der Markt weggebrochen ist. Oder die Näherinnen in Bangladesch.
Wenn Wettbewerb nur über den Preis ausgetragen wird, muss die Politik eingreifen. Mindeststandards, etwa bei der Sicherheit für Fahrgäste, sind Pflicht. Und ein guter öffentlicher Nahverkehr ist eine bessere Sozialpolitik als private Billigtaxis.
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