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Kommentar DrohnenkriegWenn Kriegführen zu einfach wird

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Krieg wird nicht grausamer, wenn Drohnen oder Roboter ihn führen. Aber die Welt wird unsicherer.

Iranische Karrar-Drohne. Bild: ap

W as in den Militärlaboratorien dieser Welt, allen voran in den USA, derzeit entwickelt wird, hat ein einfaches Ziel: Militärische Gewalt soll als Option der Durchsetzung politischer oder wirtschaftlicher Ziele auch in Zeiten zur Verfügung stehen, in denen die jeweiligen Gesellschaften immer weniger bereit sind, Todesopfer auf der eigenen Seite zu akzeptieren.

Wenn Krieg nicht mehr führbar ist, nutzt alles Militär nichts. Wir sehen das jetzt schon: Eine permanente Anwesenheit einer großen Anzahl von US-Spezialtruppen in Pakistan oder Jemen wäre politisch nicht durchsetzbar und militärisch verlustreich. Der Drohnenkrieg hat sich für die US-Regierung als gangbare Alternative herausgestellt.

Pakistans Regierung protestiert routiniert, aber nicht ernsthaft, die US-Bevölkerung jeglicher politischer Couleur spendet Präsident Obama Beifall, und die internationale Gemeinschaft hält einfach die Klappe. Es wäre verwunderlich, würden die Militärs solch einen Wundermechanismus nicht ausbauen wollen.

Der Krieg ohne Soldaten ist nicht in Sicht. Auch der durch außer Kontrolle geratene Kriegsroboter provozierte Weltuntergang steht nicht bevor, es geht nicht um Spinnereien. Entsprechende Vorstellungen von Menschen- und Völkerrechtlern über an Maschinen delegierte Verantwortungslosigkeit sind zwar ernst zu nehmen, gehen aber in die falsche Richtung: Krieg wird nicht grausamer, wenn Drohnen oder Roboter ihn führen.

Kriegsverbrechen wurden bislang alle von Menschen begangen, und die Zahl der zivilen Opfer ist derzeit in jenen Kriegen am höchsten, die mit den unmodernsten Waffen geführt werden. Aber die Welt wird unsicherer, wenn ein Krieg dank maschineller Hilfe leichter zu führen ist. Dem Individuum fällt es schwerer, jemandem ein Bajonett in den Bauch zu rammen, als ihn auf 100 Meter Entfernung zu erschießen. Genauso fällt es Regierungen schwerer, Tausende junger Männer an die Front zu schicken, als unbemannte Militäraktionen anzuordnen. Und wer das kann, für den wird die Suche nach gewaltfreien Lösungen von Konflikten lediglich zu einer Option unter vielen.

Was wäre es schön, wenn nicht die Waffen intelligenter würden, sondern die Menschen vernünftiger. Aber das ist wohl, im Unterschied zu den Planungen der Militärtechnologen, tatsächlich nichts als Spinnerei.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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5 Kommentare

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  • SD
    Stimme der Demokratie

    Klar, ein Krieg kann nur gerecht sein, wenn man möglichst viel eigene Verluste hat. Bei einem Angriff von Barbaren, denen das Töten eine Freude bereitet, wäre es sicher wichtig, dass viele Menschen umkommen oder wenigstens traumatisiert werden, welche die Zivilisation und die Freiheit und/oder das Leben der Menschen verteidigen.

  • J
    Jörn

    Unkontrollierbare Kriegsroboter gibt es schon lange. Als Minen bedrohen sie weite Landstriche lange nach dem Ende des eigentlichen Konfliktes.

    Demgegenüber sind die modernen Kriegsroboter deutlich besser kontrollierbar. Keine Drohne wird irgendjemanden erschiessen, wenn dies nicht vom Militär ausdrücklich gewollt wird.

    Problematisch wird es jedoch, wenn folgende zwei Entwicklungen zusammen kommen:

    a) Um Personal zu sparen und die Präzision der Steuerung zu erhöhen wird die Steuerung der Drohnen zunehmend automatisiert. Damit werden Drohnen zu (teil-)autonomen Kampfrobotern.

    b) Kampfroboter lassen sich am effektivsten dadurch bekämpfen, dass ihre Steuerung überlistet wird. Um dies zu vermeiden, werden die Kampfroboter in bestimmten Situationen Steuerbefehle von aussen ignorieren.

    Im Ergebnis könnten Kampfroboter entstehen, die unkontrolliert ihr Unwesen treiben.

  • V
    vic

    Dann kann ich nur hoffen, dass Drohnen eines Tages so intelligent werden, auf halber Strecke umzudrehen, weil sie das, was der Operator vorhat, eigentlich gar nicht wollen.

  • JA
    ja, aber

    Ja, so ist es. Zugleich bedeutet dies aber auch, daß der Mensch Entscheidungen an Rechenmaschinen deligiert. So, wie er heute schon seine informationelle Selbstbestimmung der Bequemlichkeit, dem Konsum und der Unterhaltung opfert, wird er dann seine ethische Selbstbestimmung einer Rechenmaschine opfern.

     

    Und dabei wird er noch das Gefühl haben, sein Gewissen entlastet zu finden, denn jeder Schuß und jede Bombe fallen ja dann aufgrund unbestechlicher Erwägungen sachlicher Parameter, die zuvor zu unaufgeregter Stunde am grünen Tisch die Vernunft diktierte.

    Der Mensch wird gar nicht mehr entscheiden wollen, wer stirbt und wer nicht. Seine Moral muß sich nicht mehr zwischen Blut und Tränen überprüfen lassen und er darf glauben, daß jeder Tote unvermeidbar gewesen sei.

  • D
    D.J.

    Von allen Artikeln, die ich bisher zum schwierigen Thema Drohnen gelesen habe, sicherlich einer der Vernünftigsten, da er bestimmte Dinge auf den Punkt bringt und nicht mit unbewiesenen bzw. falschen Behauptungen operiert (z.B. zu den zivilen Opfern). So stelle ich mir eine gute Diskussionsgrundlage vor.