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Kommentar Deutsche FamilienunternehmenGeheimsache Wohlstand

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Deutsche Familienunternehmen sind reaktionär. Das macht nach dem Schlecker-Desaster der aktuelle Skandal um den geplanten Panzerverkauf an Riad deutlich.

N och so ein Unternehmen, das Weltruf genießt, sich aber in der Hand einer Familie befindet, die keine Absicht hat, die Öffentlichkeit über ihr Geschäftsgebaren aufzuklären: Krauss-Maffei Wegmann. Das ist der Konzern, der Saudi-Arabien mit dem Kampfpanzer Leopard 2 beliefern möchte. Hätte nicht eine etwas bizarre Kampagne Namen hervorgewühlt und sich ein Miteigentümer zur Stellungnahme aufgerufen gefühlt – man wüsste bis heute nichts über die Menschen, die am Exportwunderprodukt „Leo“ verdienen.

An Skandalen wie dem geplanten Panzerverkauf an Riad wird nun deutlich, wie reaktionär das deutsche Familienunternehmenswesen ist. So wenig, wie der Schlecker-Patriarch sich in die Karten blicken ließ, bis seine Drogeriekette samt 13.000 Jobs unterging, so wenig brauchen die KMW-Eignerfamilien sich für ihre Geschäfte zu rechtfertigen – noch nicht einmal im Nachhinein. Das wäre bei einer Aktiengesellschaft anders, wie Deutsche-Bank- oder Bayer-Manager wissen, die sich seit Jahrzehnten der „Kritischen Aktionäre“ erwehren müssen.

Im Fall des Saudi-Deals wird die undurchsichtige Konzernpolitik noch ergänzt durch die Geheimhaltung, die der genehmigende Bundessicherheitsrat pflegt. Doch merken die Regierungsmitglieder im Sicherheitsrat offenbar genau wie die Saudi-Prinzen, dass die deutsche Öffentlichkeit es nicht billigt, ein Regime mit Panzern zu beliefern, die gerade auch zur Niederschlagung von Demokratiebewegungen in der Stadt konzipiert sind.

Bild: privat
Ulrike Winkelmann

ist Co-Leiterin des Inlands-Ressorts der taz.

Doch beginnt die Debatte damit ja erst. Der Nahe Osten soll das Liefergebiet der Zukunft werden. Demokratien sind dort rar. Doch es wird nicht mehr lange dauern, bis in der Debatte darüber, wer mit deutscher Ware versorgt wird, die Worte „Arbeitsplätze“ und „Wohlstand“ fallen. Dann lässt die Empörung bestimmt nach.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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8 Kommentare

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  • AS
    Andreas Suttor

    Das Kennzeichen von Familienunternehmen ist, das sie einer Familie gehören. Und die Tatsache, daß man dann die Öffentlichkeit nicht informieren muss, ist eine der wesentlichen Vorzüge dieser Unternehmensform. Wem das nicht passt, der möge doch bitte sein eigenes Rüstungsunternehmen gründen und zum Erfolg führen - es steht ihm dann frei, alle Einzelheiten der Geschäftspolitik der interessierten oder auch nicht interessierten Öffentlichkeit mitzuteilen. Im Übrigen staune ich aber darüber, daß ausgerechnet ein Mitglied der taz-Redaktion die Vorzüge der Gesellschaftsform Aktiengesellschaft anpreist. Und auch ein bißchen mehr militärischer Sachverstand schadet nicht - Panzer sind zu vielem geeignet, aber zur Niederschlagung von Aufständen in städtischen Gebieten nun wirklich nicht.

  • N
    Normalo

    Es ist schon ein wenig kurzsichtig, so zu tun, als "verdienten" nur die Inhaber der Rüstungsfirmen an den Exporten. Die Gewinnsumme dürfte auch in diesen Unternehmen weit unter den Personalkosten liegen, von den Lohn- und Steueranteilen der übrigen Betriebskosten mal ganz abgesehen.

     

    Rüstungstechnologie ist halt teuer bezahlte Spitzentechnologie, also genau das, was die Unternehmer dieses Landes auf dem Weltmarkt anbieten müssen, um ihre Arbeitnehmer so gut bezahlen zu können, wie sie das verdienen und verlangen. Die Weltnachfrage für Produkte im oberen Preissegment ist begrenzt, und mit Nagelfeilen kann man keine deutschen Facharbeiterlöhne zahlen. Da heißt es "Entwickeln, Produzieren und Verkaufen, ehe es ein anderer tut".

     

    Natürlich ist das ein wenig ethisches Argument. Aber Ethik kann man nun einmal nicht essen, bzw. sich damit ein Häuschen in der Vorstadt bauen oder Sozialleistungen für die weniger "kaltherzig-profitabel" lebenden Mitbürger bezahlen.

     

    Wenn Sie also Rüstungsexporte in Regionen mit demokratiefeindlichen, aber äußerst zahlungskräftigen Potentaten anprangern wollen, dann bitte. Es wäre aber ehrlicher gegenüber der geneigten Leserschaft, die Gewichtung der Berichterstattung über die Profiteure dieser Exporte weniger einseitig zu gestalten. Eine Nachricht wie z. B. "KMW entlässt 2.000 Mitarbeiter" wäre dann konsequenterweise als "Schritt in die richtige Richtung" zu werten. Brächten Sie es über's Herz, das so zu schreiben?

     

    Der höhnische Hinweis auf das Totschlagargument "Arbeitsplätze und Wohlstand" am Ende des Kommentars erweckt eher den Eindruck, dass Sie sich mit diesem Aspekt der Debatte lieber nicht so eingehend beschäftigen würden.

  • J
    Jengre

    Ein nicht börsennotiertes Großunternehmen ist nicht auf kurzfristige Profitmaximiereung und hektische Manöver zur Steigerung des Aktienkurses angewiesen und kann daher nachhaltig wirtschaften, langfristige Strategien verfolgen. Es kann sich sogar ein soziales Gewissen oder Rücksicht auf die Umwelt leisten (wenn beides denn vorhanden ist). Der störende Nebeneffekt ist, daß nur einer ausbeutet und nicht viele (Aktionäre). Da sieht man dann, wie sehr doch gerafft und ausgebeutet wird - unschön. Vielleicht ein Anlaß, wieder über Steuern als Korrektiv nachzudenken. Haben auch die Grünen unter Schröder verlernt. Tax 'em, stupid!

  • F
    Florian

    Ist "reaktionär" aus der Feder einer TAZ-Reakteurin (verzeihung: Redakteurin!) eigentlich kritisch gemeint oder eher als Adelung zu verstehen?

     

    Wie auch immer: deutsche Familienunternehmen generell als "reaktionär" zu bezeichnen, dazu braucht es schon Chuzpe. Wer ist denn wesentlicher Generator des Fortschritts in diesem Lande? Wo kamen noch gleich die ganzen neu entstandenen Arbeitsplätze der letzten Jahre her?

     

    Und dass ausgerechnet das ehem. Ackermann-Institut Deutsche Bank nun von der TAZ als leuchtendes Beispiel für gute Corporate Governance ins Feld geführt wird (und dieser Umstand auch noch dem bösen Aktionär gutgeschrieben wird), das ist gesellschaftliche Verklärung in Reinkultur.

  • P
    Paul

    "...dass die deutsche Öffentlichkeit es nicht billigt, ein Regime mit Panzern zu beliefern, die gerade auch zur Niederschlagung von Demokratiebewegungen in der Stadt konzipiert sind..."

     

    Wo "Demokratiebewegungen" hinführen können, läßt sich in Libyen, Ägypten, Tunesien,... sehr schön beobachten. In Syrien haben viele das Aufwachen noch vor sich. Auch die jeweils neuen Machthaber werden mit Sicherheit zu den Kunden von Krauss-Maffei und den anderen Rüstungsproduzenten gehören. Liefern die nicht, so liefern andere. So läuft es, auf den jeweiligen technischen Entwicklungsstufen, seit Jahrtausenden. Warum sollte es heute anders laufen?

    Die Rüstungswirtschaft dieser Welt ist ein wesentlicher Teil der permanenten Bankrotterklärung der Menschheit. Friedliche Konfliktlösung ist nach wie vor die Aufgabe von kleinen Organisationen, "Gutmenschen", "Spinnern". Wir wollen nicht aufwachen. Das ist die bittere Wahrheit.

     

    Mit der hochnaiven, gleichwohl sehr verständlichen Losung "Schwerter zu Pflugscharen" konnte seinerzeit die böse DDR heftig geärgert werden. "Der Frieden muß bewaffnet sein!", war ein Spruch von Erich Honecker. Irgendwie scheint dieser Mann auf seine Weise Recht gehabt zu haben.

     

    Haben Sie schon mal erlebt, daß im Kapitalismus ein Profit versprechender, ja garantierender Markt aus moralischen Erwägungen aufgegeben wurde?

     

    Sie schreiben es ja selbst. Arbeitsplätze und Wohlstand. Ist für einige wenige halt nur die Frage, was das für ein Wohlstand ist. Die Zynismusfähigkeit und -bereitschaft des Westens ist extrem hoch entwickelt. Und wohl nicht heilbar.

     

    Die deutsche Öffentlichkeit billigt noch ganz anderes. Seit Jahren. Stillschweigend. Und die Bereitschaft zum wirklichen Verzicht im Interesse anderer kann ich nicht sehen. Nirgendwo. Es wird noch interessanter werden mit all diesem Wahnsinn.

  • VL
    vergessene Liebe

    Es ist zu hoffen... dass das "deutsche Friedensgewissen" , die Moral des Pazifismus und der `sozialen Gerechtigkeit´ ...

    Als die historischen Konsequenzen der `deutschen Aufklärungskultur´ seit Kant und Hegel...

    aufs neue erwacht!

    -----------

    Die Atomfähigen U-Boote für Israel...

    Die `Schlecker Katastrophe´...

    Und nun moderne LEOPARD Panzer für SaudiArabien...

     

    erzählen von `privater´ -

    `REPUBLIKSCHÄDIGENDER´ Gewissenlosigkeit !!!

  • M
    Michael

    Und jetzt...? Irgendwie hört der Kommentar in der Mitte auf und es fehlt eine über allgemeines Genöhle hinausgehende Aussage. Was will die Autorin?

  • M
    Michael44

    Vollkommen richtig dargestellt, was die Haltung von Familienunternehmen angeht. Die Autorin hat dies sehr gut analysiert und beschrieben.

     

    Hinzugefügt sei aber, dass dies bei Familienunternehmen nicht nur heute im Jahre 2012 so ist, sondern dies war eigentlich immer schon so. Auch unter Adenauer, Brandt, Schmidt oder Kohl waren Familienunternehmen in aller Regel sehr reaktionär.

     

    ----

     

    Was Saudi-Arabien angeht: es ist schlichtweg beschämend, wie die US-Amerikaner aber auch wir Europäer einseitig den Iran attackieren und dämonisieren, aber gegenüber Saudi-Arabien dem Geld, Erdöl und Arbeitsplätzen hinterherlaufen; natürlich gehört die Führung des Irans verurteilt und darf keine Atomwaffen haben, aber wir sind doch alle total unglaubwürdig und in keinster Weise in Menschenrechtsfragen konsequent, wenn wir das zutiefst antidemokratische Regime in Saudi-Arabien hofieren und unterstützen. Selbst im Iran dürfen Frauen allein Auto fahren, aber selbst das ist in Saudi-Arabien verboten. Im Iran gibt es Wahlen, was in der Monarchie Saudi-Arabiens nicht der Fall ist.

     

    Was also berechtigt uns, einem solchen antidemokratischen Land auch noch Panzerladungen zu schicken ???

     

    NICHTS, denn wer einem solchen antidemokratischen Regime Militärrüstungsgüter in Milliardenhöhe liefert, der hat auch fast jedes Recht verloren, noch gross von Menschenrechtsproblemen in Russland oder in China zu reden.